■ Fritz Suhr will für SPD kandidieren
: Back to the roots

Fünf Jahre hat er gewartet. Nun steht er bereit. „Eine Demokratie mit menschlichem Antlitz“, erklärte der 80jährige gestern der taz, „braucht Politiker mit Witz.“ Der Sozialdemokrat Fritz Suhr hat recht. Seit König Momper über seinen roten Schal geradewegs in plebejische Niederungen stolperte, geriet die SPD aus dem Fahrwasser. „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“, schmunzelt Fritz Suhr und findet, daß die Steuermänner des rosaroten Tankers noch nicht einmal den Mindestansprüchen an Navigation genügten. Damit soll nun Schluß sein. Der bislang der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte uneheliche Sohn des legendären Regierenden Otto Suhr kündigte an, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen und sich an der Urnenwahl für das Amt des Berliner Spitzenkandidaten zu bewerben. Noch vor vier Jahren hatte der auf seinem Alterssitz im Märkischen zurückgezogen lebende Suhr es abgelehnt, für seinen Ortsverein in Markgrafenpieske zu kandidieren. Fritz Suhr wurde am 5. August 1914 in Berlin geboren, einen Tag nachdem die Sozialdemokraten mit im Parlament erhobenem Arm und Goethen im Tornister an die deutsche Front stürmten. Ein pränatales Trauma. Schon in den zwanziger Jahren beteiligte er sich an den Kampagnen gegen den Panzerkreuzerbau und die Resozialisierung der ostelbischen Junker. Eine Vergangenheit, die dem 1947 in die DDR Übergesiedelten auch heute noch nützlich sein kann. Anders als Otto Suhr, der 1946 mannhaft der Vereinigung von KPD und SPD widerstand, setzt der Sohn, dessen Vaterschaftsklage vor kurzem erfolgreich war, auf Versöhnung mit den Erben Thälmanns. Eine Vision, die auch bei den Enkeln der Berliner SPD Anerkennung findet. „Angesichts dieses Kandidaten“, erklärte Walter Momper, werde er sich als Kronprinz zufriedengeben. Und Bezirksbürgermeister Peter Strieder will vorerst nur die Leitung des Wahlkampfbüros übernehmen, hofft aber jetzt schon auf den Nachlaß des großen alten Mannes, in dem es dereinst heißen könnte: „Denkt mir an den Kreuzberger.“ Nur – an welchen? Uwe Rada