■ Nach der Eroberung von Kupres durch bosnische Truppen
: Moskau versus Washington

Die Offensive, die die bosnische Armee diese Woche in drei Regionen des Landes – um Bihać, Sarajevo und Kupres – startete, hat in den beiden Metropolen der einstmals durch den Kalten Krieg geteilten Welt höchst unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen: Panik in Moskau, Unterstützung in Washington.

Die UNO hatte sieben Gebiete Bosniens zu Sicherheitszonen erklärt, aber sie hat nichts dafür getan, um sie wirklich sicher zu machen. Im September starteten die Serben eine massive Offensive gegen Bihać. Damals war seitens der UNO keine Rede davon, dieser Verletzung einschlägiger UNO-Resolutionen mittels Luftangriffen entgegenzutreten. Als aber die bosnische Armee versuchte, den Belagerungsring um Bihać zu brechen, war plötzlich eine unmittelbare Gefahr gegeben! Der russische Botschafter bei der UNO beschuldigte die bosnischen Regierungstruppen der Verletzung der Sicherheitszone, weil sie sie als Basis zu Angriffen gegen die Serben benutzt hätten. Tatsache aber ist, daß diese Zonen eingerichtet worden sind, um die Zivilbevölkerung zu schützen, keinesfalls aber die Streitkräfte, die sie terrorisieren.

Diejenigen, die jetzt angesichts der bosnischen Regierungsoffensive in Panik machen, übersehen einen wesentlichen Punkt: Bosnien ist ein international anerkanntes Land mit dem legitimen Recht zur Selbstverteidigung, das auch das Recht einschließt, okkupierte Territorien zu befreien, und dies trotz aller Argumente, die für die Anerkennung der „neuen Realitäten“ vorgebracht werden. Die Russen haben ihren Vorstoß mit der Sorge begründet, es könne zu einer neuen Welle von Flüchtlingen und damit zu einer Krise der humanitären Hilfsaktionen kommen. Aber es ist kaum anzunehmen, daß sie dabei Radovan Karadžićs Drohung im Ohr hatten, wonach „sie (die Moslems) einen hohen Preis dafür bezahlen werden, daß sie serbisches Land angreifen“. Karadžić versprach, daß seine Soldaten Fotos von den Körpern der getöteten Muslime machen und sie an deren Mütter schicken würden, damit diese „sehen können, was der Preis dafür ist, daß sie den Krieg gewählt haben“.

Der Sicherheitsrat sollte, statt den Forderungen Rußlands nachzukommen, seine Aufmerksamkeit zwei anderen Optionen zuwenden. Er sollte erstens Luftangriffe der Nato gegen Karadžićs Artillerie beschließen, falls diese versuchen sollte, ihre Niederlagen durch erneuten Terror gegen Zivilisten in den Sicherheitszonen auszugleichen. Und er sollte zweitens das Waffenembargo gegen Bosnien aufheben. Denn alle Friedensbemühungen haben nicht ausgereicht, die serbische Aggression zu beenden. Kemal Kurspahic

ehemals Chefredakteur der „Oslobodjenje“, heute an der

Harvard University in Cambridge/USA