Späth als Retter?

■ Zeiss sucht Chef / Ministerpräsidenten versprechen öffentliche Aufträge

Berlin (taz) – Viel Trost hat Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Dieter Spöri nicht mehr für die Zeiss-Belegschaft übrig. „Die Sanierung wird ein sehr schmerzhafter Prozeß werden“, sagte er gestern nach einem Treffen mit den Landesvätern aus Stuttgart und Erfurt sowie einigen Bonner Ministerialen gegenüber der taz. Zwar habe man beschlossen, den Optikbetrieb durch öffentliche Aufträge und Technologieförderung in zweistelliger Millionenhöhe zu unterstützen. An einer anstehenden Massenentlassung aber werde das nichts ändern.

„Die Sanierung muß schnell angegangen werden“, so Spöri. Jeden Tag fahre Zeiss einen Verlust von einer Million Mark ein. Allen sei klar, daß das Sanierungskonzept der Geschäftsführung, das 3.000 Entlassungen vorsieht und auch ansonsten fast nur auf eine Schrumpfkur setzt, überarbeitet werden müsse. „Wir Politiker können aber nicht Unternehmer spielen“, schloß Spöri an. Ein neues Konzept müsse in der Chefetage des Konzerns, der als Stiftung organisiert ist, erarbeitet werden.

Wer künftig die Geschicke des Lupen-, Brillen- und Mikroskopherstellers lenken wird, ist noch unklar. Hartnäckig hält sich das Gerücht, daß Baden-Württembergs Ex-Ministerpräsident Lothar Späth auf dem Chefsessel Platz nehmen soll. Zur Zeit ist er noch Geschäftsführer bei Jenoptik, einem ehemaligen Betriebsteil von Zeiss Jena, den die Muttergesellschaft in Oberkochen bei der Übernahme von der Treuhand 1991 verschmähte.

Anfang nächster Woche, hofft Spöri, werde Stiftungskommissar Franz das Geheimnis lüften. „Die Strindbergsche Beziehungskiste zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung blockiert zur Zeit jede Sanierung“, so Spöri. Von einem zerrütteten Verhältnis zwischen Ost und West in bezug auf Zeiss will der Wirtschaftsminister hingegen nichts wissen. „Ich habe so was nie gesagt“, weist er die Vorwürfe zurück, er habe den Zeissianern aus Oberkochen versichert, die Weststandorte dürften nicht für den Osten bluten. Er setze sich vielmehr genauso für Jena wie für die Westproduktionsstätten ein. Annette Jensen