Die Ghost-Stoiber

■ Geschichtsbuch weiß-blau geschwärzt

Memmingen (taz) – Die einen machen Zeitgeschichte, die anderen beschreiben sie – und dann gibt es noch andere. Die wissen ganz genau, was nach Meinung der Macher die Schreiber schreiben sollen. Ein über 500-seitiges Buch über zwei Jahrhunderte bayerischer Geschichte, über das in den vergangenen Tagen viel diskutiert wurde (taz vom 31.10.94), enthält Passagen über die Amigo-Affäre und den folgenden internen CSU- Machtkampf. Angeblich sollte einiges an dieser Darstellung auf Wunsch des Herausgebers, der Landeszentrale für politische Bildung (LZ), geändert werden. Stimmt nicht, hatte deren Chef, Heinrich Wackerbauer, entschieden erklärt.

Doch plötzlich mischen sich in alle Dementis, die auch Stoiber und die Staatskanzlei in Schutz nehmen („keine Weisung der Staatskanzlei“, „Stoiber gar nicht damit befaßt“), erstaunliche Bekenntnisse des LZ-Chefs. Es stimme schon, gab er widerwillig auf Anfrage zu, daß man einen Halbsatz zur Amigo-Affäre habe streichen wollen, und zwar den Halbsatz, in dem es um die Bezahlung einer Reise des über die Affäre gestolperten früheren Landesvaters Max Streibl durch einen Unternehmer ging. Keine Anweisung an den Autor, nein, nur eine Frage an ihn sei das gewesen, ob man das nicht hätte streichen oder etwas anders darstellen können. So wie es zig andere Fragen gegeben habe, beispielsweise zu den laut Wackerbauer „zu umfassend“ dargestellten Themen Wackersdorf, Rhein-Main-Donau-Kanal und Ausländer-Zuzug. „Ich hab' halt den Autor gefragt, ob das (gemeint ist das Ausländer-Kapitel, d.Red.) als Abschluß eines Buches über 200 Jahre bayerische Geschichte so sein muß.“

Und wo hat LZ-Chef Wackerbauer vorher gearbeitet? Als Ministerialrat in der Staatskanzlei. Klaus Wittmann