Der Nähkursus des Ronald W.

■ Beim 1:2 gegen Bayer Leverkusen kopierte der HSV sich selbst

Die Vorzeichen für einen schönen Fußballnachmittag im Hamburger Volksparkstadion standen am Sonnabend mehr als günstig. HSV-Idol Uwe Seeler zelebrierte seinen 58. Geburtstag und auch Präsident Ronny Wulff hatte etwas zu feiern. Der smarte Obere präsentierte den neuen Hauptsponsor für die Eishockeyabteilung – eine Harzer Brauerei.

„Wir hoffen, daß bei den Auftritten der Kufencracks der angstvolle gegnerische Ausruf ,Die Auerhähne kommen' erschallt“. Bierkönig Peter Schmidt spielte mit diesem Statement auf das Wappentier an, welches ab sofort die Hosen des HSV zieren wird. Höhepunkt der Pressekonferenz vor dem eigentlichen Großereignis – das vermeintliche Bundesligaspitzenspiel gegen Leverkusen – waren die verzweifelten Versuche von Wulff und Schmidt, die Sponsor-Insignien mit Nadel und Faden auf eine Hose zu bannen.

Ein Ambiente aus Zuversicht und güldener Zukunft war also vorhanden – nun sollten die HSV-Profikicker dies in der Bundesligagegenwart umzusetzen. Daß die Elf von Trainer Benno Möhlmann mit 1:2 wieder einmal scheiterte, blieb vielen ein Rätsel. Großartig war der Tabellendritte aus den Startlöchern gekommen; Gegner Leverkusen schien ob der agressiven Gangart gelähmt zu sein. Als dann der überragende rote Korsar, Jörg „Ali“ Albertz, zur Führung traf (12.), sprach eigentlich alles für die Möhlmänner. Doch die Parallelen zum 1:2 gegen Gladbach vor vierzehn Tagen wurden nicht nur wegen des Endergebnisses immer frappierender. Großchance um Großchance wurde ausgelassen. Die Gäste hingegen blieben ruhig und drehten – wie auch damals Gladbach – in der zweiten Hälfte den Spieß um (Tore: Schuster und Dooley).

„Ich gehe davon aus, daß sie mit der Ausländerklausel vertraut sind“, lautete die Antwort des leicht genervten Möhlmann auf die Frage eines Journalisten, der wissen wollte, warum Sergio Zarate nicht schon früher Jörn „null Tore“ Andersen abgelöst hatte. Trotz des sachlich falschen Einwands war die Erkenntnis, daß Valdas Ivanauskaus und Andersen häufig wie Undercoveragenten der Gegenseite wirkten, so falsch nicht.

Möhlmann blieb am Ende nichts anderes, als sich in Zynismus zu flüchten: „Auch unser nächstes Heimspiel gegen München 1860 wird wohl im Volksparkstadion ausgetragen.“ Daraus sprach auch die Enttäuschung, daß der HSV ohne die Heimniederlagen ganz oben dabei gewesen wäre.

Stefan von Leesen