■ Press-Schlag
: Große Sehnsucht namens Fredi

Heute wollen wir ausnahmsweise einmal unsere sonstige kritisch-objektive Herangehensweise an den Sport und seine Protagonisten beiseite lassen und einmal so richtig schwärmen. Wir sagen nur: Bobic. B-O-B-I-C. Wie der in der Luft schwebt! Das ... das ... das ist richtig englisch. Schon bei den Kickers hat er die langen Bälle per Kopf so elegant und effektiv verarbeitet wie sonst nur noch Mark Hughes. Freitag abend im Neckarstadion war's wieder zu sehen: Im bewachtesten Zustand nimmt der eine Dunga-Flanke mit einem Fallrückzieher, der auch noch das Dresdner Tor findet. Und sein Spann trifft den Ball dort, wo, sagen wir, Jürgen Klinsmann noch nie einen Ball getroffen hat.

Daß der VfB zwar am Ende 4:2 gegen Dynamo gewonnen hatte, doch Fredi Bobic kein einziges Tor geschossen? Glaubte Trainer Jürgen Röber tadeln zu müssen. „So eine Chance darf man sich einfach nicht entgehen lassen“, haderte der logischerweise dem Punktfetischismus huldigende Übungsleiter, weil Bobic einmal frei vor dem Tor nicht getroffen hatte. Und lobte den im Vergleich mediokren Axel Kruse, weil eben der „zum Glück nach dem 1:2 schnell den Ausgleich“ geschafft habe. Erkannte der nicht, daß es um mehr ging? Um so viel mehr? Tat er nicht, konnte er nicht. „Dieser Sieg“, sagte auch sein Präsident Mayer-Vorfelder lapidar, „war ungeheuer wichtig.“ Warum? Weil man sich damit in Stuttgart nun endlich wieder in einer Wahrheit bringenden Woche zu wähnen wünscht. 15:9 Punkte, Platz 6: Zeit, mal wieder größenwahnsinnig zu werden. „Wir wollen“, sagt Röber dreist, „im Pokal weiterkommen und dann bei Werder Bremen punkten.“ Als ob das realistisch wäre! Tatsächlich fährt man morgen mit vagen Chancen im Cup- Achtelfinale zu den Bayern- Amateuren, und in Bremen hat man schon immer gern verloren. Dann ist man wieder Mittelmaß und wird trauern. Weil man nicht sieht! Jetzt hat also Axel Kruse fünf Tore, und Bobic immer noch sechs, und da kann einer, der wie Manager Dieter Hoeneß das Leben nur betriebswirtschaftlich begreift, schnell meinen, die seien ähnlich gut. Zumal Kruse glaubt, „der Papa“, mithin er, „renne mehr als je zuvor“, helfe „hinten aus“ und habe sich den Erfolg „hart erarbeitet“.

Das mag stimmen, und das hat auch Fredi Bobic. Doch da ist mehr. Daß der 23jährige nun schon ein paar Spiele nicht mehr trifft? Hat wenig zu sagen. Das merkt man, wenn man zuschaut, wie er einen Ball elegant in die Gasse legt. Und was ist das für ein Kontrast, wenn ihn dort ein Herr Buck erwartungsgemäß ungelenk verstolpert! Ach, wenn wir schon beim Schwärmen und Träumen sind: Was wird erst sein, wenn Fredi Bobic einmal in einer richtigen Fußballmannschaft spielen sollte? Den Tag möchten wir erleben. pu