Raubbaupolitik

■ betr.: „Grüne wollen lieber regie ren als Autos bremsen“, taz vom 31. 10. 94

Liebe Bündnisgrüne, [...] die Klausel, von wegen ökologische Ausgleichsmaßnahmen, könnt Ihr vergessen. Der Schaden, der durch den Bau (einer unnötigen Autobahn laut VCD und anderer Verkehrsexperten) in einem der letzten noch fast unberührten Landschaften Deutschlands entstehen wird, ist durch nichts auszugleichen. Die SPD ist doch auf Eure Stimmen im Landtag angewiesen. Warum habt Ihr Eure „Macht“, die dadurch entsteht, nicht für eine ökologische Alternative (Ausbau der Eisenbahn zum Beispiel Taktverkehr, möglichst keine Ortsumgehungen usw.) benutzt?

Bei solchen Entscheidungen dürft Ihr Euch nicht wundern, wenn Ihr in vier Jahren nicht mehr in den Landtag gewählt werdet. Dann können die Leute nämlich gleich die SPD wählen, die machen es genauso: reden von einer Verkehrswende und bauen dann Straßen (siehe Thüringen usw.). Philipp Horn, Mitglied Bünd-

nis 90/ Grüne, KV Karlsruhe

Bei der SPD wundert uns ja nun nichts mehr und ärgert uns ernsthaft kaum noch etwas: die vielbeschworene „ökologische Wende“ hat sich auf allen Ebenen als das erwiesen, was sie von Anfang an war: Wählerbluff. [...]

Was uns aber doch noch empören kann, ist die Politik der Grünen: Sie haben im Zuge der Verwirklichung der „realpolitischen Wende“ ja nun schon mehrfach über dem strategischen das inhaltliche Handeln vergessen oder beides miteinander bis zur Inhaltsleere verwechselt – allerdings noch nie so offensichtlich wie in diesem Fall der sachsen-anhaltischen Grünen. Die Diskussion und der Entschluß der dortigen Grünen über die Südharz-Autobahn A 82 berührt absolute Essentials, die nicht zur Disposition stehen sollten für diese Partei, wenn sie für große Teile ihres bisherigen Potentials wählbar bleiben will.

[...] Was das Machtstreben der Grünen angeht, ist die Partei, die als Garant für konsequenten Natur- und Umweltschutz angetreten ist, von den Hütern der Raubbaupolitik nicht mehr zu unterscheiden. P. Kolditz, Mitglied

des BUND-Kreisverbandes

Marburg-Biedenkopf