Bei der SPD dreht sich alles um die PDS

■ Kritik an Scharpings Verhalten der Ost-SPD und ihren PDS-Kontakten gegenüber und Plädoyers für eine Aufnahme unbescholtener SED-Mitglieder

Bonn (AFP/taz) – Schröder spricht Scharping die Entscheidungsbefugnis ab, Thierse wirft Schröder Machtdenken vor, Stolpe wendet sich gegen Hetzkampagnen, Rappe attestiert Stolpe und Höppner sekundantenhaftes Verhalten – der Streit in der SPD um den richtigen Umgang mit der PDS ist in vollem Gange.

Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) sprach dem Parteivorsitzenden Rudolf Scharping in der Bild-Zeitung die Entscheidungsbefugnis über Verhandlungen zwischen ostdeutschen Landesverbänden der SPD mit der PDS ab. In diesen Fragen komme dem Parteichef lediglich die Rolle eines Ratgebers zu. Schröder betonte, die Bonner Parteiführung müsse vermeiden, daß ostdeutsche Ministerpräsidenten oder Kandidaten „öffentlich dastehen, als würden Grundsatzfragen für ihr Land in Bonn und nicht bei ihnen entschieden“.

Der stellvertretende Parteichef Wolfgang Thierse hingegen warf Schröder im Spiegel vor, die PDS nur „unter dem Gesichtspunkt der Machtarithmetik“ zu betrachten. Für diese Betrachtungsweise gebe es im Osten kein Verständnis. Für die Ost-SPD sei die Frage „kein Seminarthema“. Schröder wolle mit Hilfe der PDS die Bundesregierung handlungsunfähig machen. Dies sei aus der Sicht des niedersächsischen Politikers legitim. „Aber diese Logik gefährdet den Grundkonsens in der Partei.“ Auf Oskar Lafontaine angesprochen, sagte Thierse, es ärgere ihn, mit welcher Selbstverständlichkeit die PDS als linke Partei bezeichnet werde. Er wandte sich auch gegen die bisherige Praxis von SPD- Ortsvereinen in den neuen Bundesländern, ehemaligen SED-Angehörigen durch inquisitorische Befragungen den Beitritt zu versperren. Die SPD müsse sich „endlich all jenen SED-Mitgliedern öffnen, die keine Schuld auf sich geladen haben und die sich von ihren sozialistischen Ansprüchen einfach nicht verabschieden wollen“.

Brandenburgs Regierungschef Manfred Stolpe (SPD) bekräftigte mit Blick auf die PDS, er werde sich nicht an „Verteufelungen“ beteiligen. Stolpe sagte, gelegentlich würden „geradezu Hetzkampagnen“ gegen die PDS betrieben. Stattdessen forderte Stolpe: „Wir müssen sie doch integrieren.“ Auch die Parteivize Heidemarie Wieczorek-Zeul plädierte dafür, die SPD für unbescholtene Ex- SED-Mitglieder zu öffnen. Hingegen warnte der Vorsitzende der IG Chemie, Hermann Rappe, seine Partei vor einer Kooperation mit der SED-Nachfolgepartei. Stolpe und dem Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts, Reinhard Höppner, bescheinigte Rappe ein „sekundantenhaftes Verhalten“ mit Blick auf die PDS.