Gar kein Grusel in Sicht

■ Hamburgs erster Erzbischof Ludwig Averkamp gibt sich human und harmlos / Keine Verbote, und eine Villa hat er auch schon Von Kaija Kutter

Ein bißchen langweilig war's, so wie in der Schule, wenn man nichts mehr versteht. Jedenfalls zum Ende hin, als versierte Kirchenfachjournalisten Ludwig Averkamp fragten, was er denn von der Einrichtung von Regionalbistümern halte. Die sind was anderes als Bistümer oder die darüber stehenden Erzbistümer, derer es jetzt mit Hamburg sieben in Deutschland gibt. Jawohl, Hamburg wird Erzbistum, gemeinsam mit Mecklenburg und Schleswig-Holstein, damit aber auch genug vom Einmaleins der katholischen Kirchenhierarchie.

Erzbischof Averkamp trägt eine altmodische dicke Brille, einen gesteiften Kragen und schwarze Kirchenmännerkluft. Auch sieht man ihm seine 67 Jahre an. Aber deshalb muß einer ja kein schlechter Kerl sein, zumal er den Papst kennt, oder zählt das nicht? Jedenfalls brachten ihm die Journalisten gestern bei seiner ersten Pressekonferenz in der Katholischen Akademie gehörig Respekt entgegen, am frechsten noch die Frage einer Reporterin, wie er das denn machen wolle, die „Herzen der Menschen öffnen“. Das sei der einzige Weg, hatte er nämlich auf die Frage geantwortet, wie er sich als Oberhaupt einer Minderheit von 7,5 Prozent Katholiken in seinem Erzbistum behaupten wolle.

Keine Frage nach Kondomen, nach wilder Ehe, Zölibat, Pille oder Promiskuität. Immerhin, in der Frage der Behandlung wiederverheirateter Geschiedener soll Averkamp, dem strikter Gehorsam gegenüber dem päpstliche Stuhl nachgesagt wird, kürzlich eine dicke Lippe riskiert haben. Darauf angesprochen, nahm Averkamp Rom in Schutz: „Es ist ja nicht wahr, daß wiederverheiratete Geschiedene exkommuniziert werden.“ Wohl aber gelte es abzuwägen zwischen der wichtigen gesellschaftlichen Norm und der Gewissensentscheidung des Einzelnen. Und auf die Frage, was wichtiger wäre? „Beides hängt zusammen wie eine Elipse. Da können Sie nichts wegnehmen.“ Und im Nu befindet sich Hamburgs Journaille mitten in einem theologischen Diskurs, nichtsahnend, was man von diesem Abgesandten Roms, der zuvor als medienscheu und nichthamburgbegeistert angekündigt wurde, eigentlich will.

Nicht mal was zum Gruseln bot er an, bei seinem Erstauftritt in der Medienstadt. Keine Verbote, klar, Hausfrausein soll auch was gelten, und Maria Jespen ist seinem Vorgänger Hans-Jochen Jaschke, der Hamburg als Bischof erhalten bleibt, eine nette Kollegin gewesen. Und eine Villa hat er schon.

Auch müssen all die Hamburger, die nicht in der Kirche sind, nichts fürchten. Averkamp: „Ich hoffe, daß sich die Kirche ihnen gegenüber als menschenfreundlich erweist.“ Denn wie schon der heilige Ansgar gesagt habe, sei es „das größte Wunder, gute Menschen zu machen“. Klasse, das finden wir auch.