Walter Momper lockt wieder mit dem roten Schal

■ Ex-rot-grüner Bürgermeister will wieder ran

Berlin (taz) – Walter Momper will es wieder wissen. Den ehemaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, zwischenzeitlich in der Immobilienbranche tätig, zieht es auf seinen alten Posten zurück. Wie gestern abend bekannt wurde, wird der 49jährige SPD-Politiker seine zweite politische Karriere starten und sich heute offiziell um die Spitzenkandidatur für die Berliner Wahlen im Oktober 1995 bewerben. Momper war von 1989 bis 1991 Regierender Bürgermeister in einer rot-grünen Koalition; nach deren Scheitern und dem katastrophalen Wahlergebnis der SPD bei den ersten Gesamtberliner Wahlen 1990 legte Momper im August 1992 auch den Parteivorsitz nieder. Er ist damit der zweite Berliner Sozialdemokrat, der gegen den derzeitigen CDU-Regierungschef Eberhard Diepgen ins Rennen gehen will. Vor knapp 14 Tagen hatte überraschend Sozialsenatorin Ingrid Stahmer angekündigt, als Spitzenkandidatin antreten zu wollen, und damit eine Lawine ins Rollen gebracht. Zwei Tage später warf der bisherige Partei- und Fraktionschef Ditmar Staffelt völlig überraschend das Handtuch und trat von seinen Ämtern zurück.

In der traditionell zerstrittenen Berliner SPD klafft seither wieder einmal ein Machtvakuum, das Gerüchte und Spekulationen heftig zum Kochen brachte. Wirklich klar ist bislang nur, daß es künftig wieder eine Trennung von Amt und Mandat geben wird. Ingrid Stahmer erklärte gestern im Gespräch mit der taz, sie werde auch gegen Walter Momper antreten. Für den Parteivorsitz, so sagte Stahmer weiter, werde sie auf keinen Fall kandidieren. Im Gespräch für diesen Posten ist bislang der Bezirksbürgermeister von Berlin-Reinickendorf, Detlef Dzembritzki, doch auch Wolfgang Thierse und Christine Bergmann, Berliner Arbeitssenatorin, werden gehandelt. Der neue Parteichef soll am 12. Dezember gekürt werden. Ihren Spitzenkandidaten will die Berliner SPD erstmals in einer Urwahl am 5. Februar 1995 bestimmen. Kordula Doerfler

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