Nicht edel, aber öko oder so

■ Hertie-Quarree: Konzept für Konsumtempel vorgestellt / Investor findet sein Vorhaben toll / AnwohnerInnen finden das Gegenteil Von Sannah Koch

Biobrot, Naturheilmittel, Fahrradparkhaus: Ein neues Alternativ-projekt am Altonaer Bahnhof? Keineswegs – vielmehr eine gezielte PR-Kampagne für ein ungeliebtes Großprojekt. Mercado soll es heißen, derzeit besser bekannt als Hertie Quarree: Gestern lud der Investor Büll & Liedtke die Medien ein, um zu erläutern, was die AltonaerInnen im kommenden Herbst unter dem riesigen Glasdach an der Ottenser Hauptstraße vorfinden sollen. Aber das durfte er nicht: Aufgebrachte AnwohnerInnen nutzten die Präsentation, um ihren Protest gegen den „Konsumtempel“ erneut deutlich zu machen.

Wesentliche Verschlechterungen der Lebensbedingungen für die jetzigen BewohnerInnen Ottensens befürchten die AnwohnerInnen: Mietpreissteigerungen, Verkehrschaos, Konkurse der Geschäfte im Umfeld – dies werde die „kleinen Leute aus dem Viertel treiben“, so ihre zahlreich vorgetragene Kritik. Dem Einkaufszentrum hatte auch der quälende Disput über den ehemaligen jüdischen Friedhof nicht eben zur Imageverbesserung gereicht: Anfang 1992 war bekannt geworden, daß sich auf dem Gelände noch Reste jüdischer Grabstätten befinden. Weltweite Proteste orthodoxer Juden hatten im August 1993 zum Kompromiß geführt. Das Erdreich wurde nicht so tief ausgehoben wie geplant, aus der Tiefgarage wurde ein Dachparkplatz und für die Reduzierung der Baumasse bekam Büll & Liedtke vom Senat noch einen günstigen Preis für ein weiteres Grundstück am Fischmarkt.

Gestern versuchten die Mercado-Manager erneut, ihr Image aufzupolieren: Sie präsentierten ein Konzept, das es jedem ein bißchen Recht machen soll. Danach werden auf den 21.000 Quadratmetern Einkaufsfläche keinerlei „Edelboutiquen und Designstudios“ angesiedelt, das Erdgeschoß wird als überdachter Marktplatz gestaltet. Fleisch und Fisch, Biolebensmitteln und asiatische, italienische und türkische Spezialiäten sollen hier verkauft werden. Damit werde auch die große Gruppe der Ausländer in Ottensen „bewußt angesprochen“, so Center-Manager Eberhard Gärtner. Auch mit dabei: Safeway, der Modekonzern Hennes & Mauritz und Hifi-Schaulandt. Die Mieten sollen zwischen 20 und 100 Mark pro Quadratmeter liegen, je nach Umsatz des Geschäfts. Als soziale Aushängeschilder kann Mercado eine Bücherhalle, eine Alten- und eine Kindertagesstätte unter dem „analog der alten Ottenser Industriearchitektur“ gestalteten Gebäude vorweisen. „Einmalig“, so des Investors bescheidenes Eigenlob, sei auch der kostenlose bewachte Fahrradparkplatz.

All dies besänftigte die anwesenden AnwohnerInnen jedoch keineswegs. Ihr schlichter Kommentar: „Verpißt Euch“.