„Wie ich unsere Männer kenne...“

■ Die CDU-Bundestagsabgeordnete Susanne Rahardt-Vahldieck ist mit der vorgeschlagenen Regelung nicht einverstanden: Sie geht ihr längst nicht weit genug

Susanne Rahardt-Vahldieck, 41, Rechtsanwältin, ist CDU-Bundestagsabgeordnete aus Hamburg und sitzt im Bundesvorstand der Frauenunion. Sie kritisiert das Quotenmodell von CDU-Generalsekretär Peter Hintze und Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth. Ihr Hauptvorwurf: Es ist nicht wirklich bindend.

taz: Revolution von oben oder Soft-Quote – was halten Sie vom Quotenmodell, das Hintze und Süssmuth vorgeschlagen haben?

Susanne Rahardt-Vahldieck: Letztlich halte ich es für zu wenig, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn das satzungstechnisch verankert wird – bei der Autoritätsgläubigkeit vieler unsere Männer werden die sich schon bemühen, und zwar mehr als früher, weil es halt irgendwo steht. Aber es ist eben noch keine verpflichtende Quote.

Das Modell unterscheidet ja zwischen Wahlen zu Parteiämtern und Listenwahlen für Mandate und öffentliche Ämter. Wo sehen Sie denn die Hintertüren bei Wahlen zu Parteiämtern?

Bei parteiinternen Wahlen müssen dem Modell zufolge auf dem Stimmzettel mindestens ein Drittel weibliche Namen stehen, sonst ist er ungültig. Das ist ein normales Quorum, was wir auf Parteitagen bereits haben, zum Beispiel für Regionen. Jetzt kommt die Variante Frauen hinzu. Aber die Mißbrauchsmöglichkeit ist natürlich da. Wenn zum Beispiel auf einer normalen Versammlung sechs Posten zu besetzen sind, ist ein Stimmzettel ungültig, auf dem nicht mindestens zwei Frauen stehen. Wenn nun fünf Frauen vorgeschlagen werden, kann es ja sein, daß sie in den verschiedensten Kombinationen auf dem Stimmzettel stehen. Denn wenn die Stimmen für die zwei Frauen gesplittet werden, dann hat unter Umständen der sechste Mann mehr Stimmen als die erste Frau. So kann es passieren, daß zwar mehr als genug Frauen auf den Stimmzetteln stehen, aber trotzdem nur Männer gewählt werden. Und wie ich unsere Männer kenne, würden die auch nicht davon Abstand nehmen, die Frauen auszutricksen und immer noch mehr Frauen vorzuschlagen. Und wie ich unsere Frauen kenne, würden die sich auch darauf einlassen.

Bei der Listenwahl zu Mandaten soll die Frauenquotierung ja anders funktionieren. Auf jeweils drei Plätze muß für einen ein Mann, für den anderen eine Frau vorgeschlagen werden, und der dritte ist frei. Daß die Frau den wichtigen ersten Platz erhält, ist dabei nicht vorgeschrieben.

Genau. In Bremen etwa, wo die CDU allenfalls zwei Bundestagsabgeordnete stellt, würde die Regel schon nicht greifen, weil man argumentieren kann: Wir schlagen für die zwei aussichtsreichen Plätze zwei Männer vor – und die Frauen gucken wieder in die Röhre. Dem Modell zufolge kann man allerdings die Versammlung auch nicht hindern, gegen eine „gesetzte“ Frau einen Mann vorzuschlagen – eine Regelung, die ich wiederum bedauere. Das einzige, was man machen kann, ist zu sagen: Wenn auf dem Stimmzettel nicht ein Drittel Frauen steht, ist er ungültig.

Frauenministerin Merkel lehnte ja den Quotenvorschlag mit der Bemerkung ab, er entspräche nicht dem Menschenbild der CDU.

Dem widerspreche ich.

Wird Ihrer Einschätzung nach der Parteitag am 28. November einen Grundsatzbeschluß über die Quote fällen?

Das halte ich für denkbar. Schließlich stehen Kohl, Hintze und Süssmuth dahinter... Entschieden wird aber erst auf dem Parteitag im nächsten Jahr. Wenn das Modell von Hintze und Süssmuth durchkommt, hat es ja eine Erprobungsfrist bis 1999. Entweder die Partei hält sich dann daran, dann müßten wir bis 1999 eine signifikante Verbesserung kriegen. Ich persönlich bin da etwas skeptisch. Oder sie hält sich nicht daran, dann werden wir zu einer Ergebnisquote kommen müssen.

Innerparteiliche KritikerInnen werfen dem Quotenmodell Verfassungswidrigkeit vor.

Verfassungsrechtlich habe ich da überhaupt keine Bedenken. Bei der SPD schon eher, die haben ja eine Ergebnisquote.

Frau Süssmuth bemerkte, ihr Vorschlag sei „kein Königsweg, sondern ein Krückenweg“. In Ihren Augen ist er also tatsächlich ein Krückenweg – im wahrsten Sinne des Wortes.

Ja, im wahrsten Sinne des Wortes. Denn zu den wirklich nachhaltigen Verbesserungen in Richtung 33 oder 50 Prozent führt diese Regel durchaus nicht. Aber in Anbetracht der Tatsache, daß wir im Bundestag in unserer Fraktion einen Frauenanteil von unter vierzehn Prozent haben... das ist eine unglaubliche Schande! Interview: Myriam Schönecker