So geht die Ehe in Nevada

Sie beginnt in der Honeymoon-Suite des Pink Palace Hotels, und wie sie weitergeht, erzählt Holly-Jane Rahlens in der One-Woman-Show „Mazel Tov in Las Vegas“ im Amerika Haus  ■ Von Miriam Hoffmeyer

49,95 Dollar kostet das „Beginner's Package“ inklusive Musik, eines Fotos und einer rosa Limousine vom Hotel zur Hochzeit. Ob man nicht doch lieber das teure „La-vie-en-rose“-Paket wählen sollte? Zu kitschig, zu teuer. Schließlich leistet man sich schon die „Honeymoon-Suite“ im „Pink Palace Hotel“, Las Vegas, Nevada. „13,5 Prozent der Geschichte sind autobiographisch“, erklärt Holly- Jane Rahlens später. Vor zwei Jahren hat sie in Las Vegas geheiratet – aus rein praktischen Gründen: „Wir wollten kein großes Drumherum und Schnickschnack, es sollte einfach nur schnell gehen.“ Zwölf Minuten dauert die Zeremonie, auf Wunsch kann gekürzt werden. Aber vorher haben Braut und Bräutigam, die Helden der szenischen Lesung „Mazel Tov in Las Vegas“, noch eine Menge Abenteuer zu bestehen. Staunend durchschreiten sie die lärmende Spielhölle, durch die jeder Hotelgast hindurch muß, wenn er in sein Zimmer will. Staunend betrachten sie die Plastikwelt, in der sie ihre Hochzeit bestellen. Pink leuchten die Lippen der Angestellten Kiki, ihr Büro ist zartrosa, und ihr Kugelschreiber hat die Farbe von Pfirsichblüten. Und die Badewanne im Hotel ist dreimal so groß wie ein normales Badezimmer.

Holly-Jane Rahlens erzählt ihre Geschichte von einem Barhocker aus. Ruhig sitzt sie da in ihrem damenhaften schwarzen Kleid und plaudert drauflos. Die Bühnendekoration beschränkt sich auf einen mit kleinen, geschmacklosen Plastikpalmen geschmückten Wandschirm. Aber die Entertainerin braucht keine Requisiten. Las Vegas entsteht in den Köpfen der Zuhörer. Holly-Jane Rahlens schildert die amerikanische Realität bis ins kleinste Detail, vom kupferfarbenen oder hellblonden Haar der alten Damen bis hin zu den Versuchen der Angestellten im Büro für Heiratsgenehmigungen, auf deutsch „Herzlichen Glückwunsch“ zu sagen. Denn der Bräutigam Benno kommt aus Berlin. Des Englischen ist er nicht mächtig. Vor allem die Schulklassen im Publikum lachen sich halbtot über seine Fehler und seinen komischen Akzent. Auch die vielen anderen Figuren der Erzählung haben ihre eigenen Sprechweisen: Kiki hat den langgezogenen Akzent der Südstaaten, Mutter Gloria einen derben Brooklyn-Einschlag.

In Brooklyn, dem jüdischen Stadtteil New Yorks, ist Holly- Jane Rahlens aufgewachsen. Die ersten 22 Jahre ihres Lebens verbrachte sie in New York, wo sie Schauspiel und Dramaturgie studierte. Die anderen 22 Jahre hat sie in Berlin gelebt, zunächst als Journalistin und RIAS-Moderatorin. In den achtziger Jahren schrieb sie Alltagsgeschichten für die „Passagen“-Sendungen des SFB. „Und dann habe ich mir gedacht, ich will wieder auf die Bühne.“ Vor fünf Jahren zeigte sie ihre erste One- Woman-Show: „Ohne Fine Day“, ein Rückblick auf die sechziger Jahre in New York. Ins nächste Programm „New York, Neukölln“ flossen die Erfahrungen aus 13 Jahren WG-Leben in Berlin ein.

Von dieser seltsamen Stadt hat man sogar in Las Vegas gehört. „Sei froh, daß sie kein schwarzes Leder trägt, das macht man nämlich in Berlin“, blafft Tante Sadie, als Gloria am Brautkleid ihrer Tochter herumnörgelt. Überhaupt die Mischpoke: Da sind die Tanten, egomanisch und sentimental, die Geschwister, die jede Sekunde auf Videokamera festhalten, und die miserabel erzogenen Neffen. Mit Engelsgeduld hält das Brautpaar alles aus, bis das Treffen nach der Hochzeitszeremonie doch noch schön wird. Erst da merkt man, daß die Verwandten Juden sind. „Schejne Meidele“, seufzt Tante Cherry, und „Mazel Tov“ ruft die Mutter: „Herzlichen Glückwunsch!“

Dem Charme und dem Witz der Entertainerin kann sich niemand im Publikum entziehen. Alle drängen sich am Schluß um sie, um ihr Souvenir zu bekommen: eine Kopie des „Unverbindlichen Merkblattes über Eheschließungen in Nevada“, herausgegeben vom deutschen Generalkonsulat in San Francisco. Auf nach Las Vegas!

Heute in deutscher Sprache, am 18. und 25. November in englischer Sprache, jeweils 20 Uhr, Amerika Haus, Hardenbergstraße 22–24, Charlottenburg.