■ Vollkommen unnütz und blöd, aber dennoch lustig:
: Der Lachsack wird 25

Gießen (taz) – Klaus Römer ist ein lustiger Kerl. Das zeigt er zum Beispiel mit seinen Hosenträgern. „I am the boss“ steht da geschrieben, und die Bevölkerung im Reißkirchener Ortsteil Bollnbach bei Gießen kennt den Unternehmer für seinen Mutterwitz. Denn Klaus Römer ist seit vier Wochen der weltweit einzige Produzent des legendären „Lachsacks“.

Eine Art Miniplattenspieler aus Plastik, gefangen in einem unscheinbaren Leinensack – so wurde der Lachsack in den Siebzigern bekannt. Das Tolle an dem Gimmick: Drückt man auf das unförmige Etwas, ertönt ein derart schreckliches Lachen, daß man unweigerlich selbst anfängt zu kichern. Darin sieht auch Römer das Geheimnis des Erfolgs: „Diese Lache ist so blöd, da muß man einfach immer wieder mitlachen.“ Als die Erfindung 1970 auf den Markt kam, setzten insbesondere Schüler das Gerät zur systematischen Störung des Unterrichts ein.

Bei dem ziemlich hohen Einzelpreis von knapp 20 Mark kein schlechtes Geschäft für den Erfinder Walter Thiele. Doch der Geldsegen war ebenso schnell zu Ende, wie er begonnen hatte. Grund: Die robusten Apparate sind fast unkaputtbar, und der Trend zum Zweitlachsack konnte sich auch nie so recht durchsetzen. Trotzdem ist der 73jährige Walter Thiele heute ein gemachter Mann. Von Arbeit will er nichts mehr wissen, zu seinen bislang über 1.600 Patenten und Erfindungen wird wohl keine mehr hinzukommen. Und hier kommt besagter Klaus Römer aus Bollnbach bei Reißkirchen ins Spiel. Der tüchtige Selfmademan sah seine Chance und nutzte sie. Denn Thiele trat nach kurzen Verhandlungen sämtliche Nutzungsrechte kostenlos an Römer ab.

„Der Markt ist riesig“, glaubt der wiederum fest an einen Erfolg. Der Edelstahlhändler hat ein standesgemäßes Jubiläumsexemplar in Auftrag gegeben. „Der Goldene Lachsack“ wird zunächst in einer 10.000er Startauflage in den Läden liegen. Und während große Unterhaltungsunternehmen Marktforscher beauftragen, um die Chancen eines Produkts abzuklären, befragt Römer lieber seinen 13jährigen Sohn Christian. „Ich werde die Dinger auch verkaufen. Meine Kumpels werden schon zulangen.“ „Genau diese Zielgruppe will ich ansprechen“, meint Römer. „Überleg mal: Der gesamte Osten hat von einem Lachsack noch nie etwas gehört!“ Doch Römer hat noch mehr in petto: „Wenn der Lachsack läuft, bringe ich meine erste eigene Erfindung heraus.“ Denn er glaubt an die Gimmicks: „Einen Lachsack kann zwar keiner brauchen, aber jeder lacht darüber.“ Das hat sich wohl auch der Erfinder des bald erhältlichen „Original Bayerischen Jammersacks“ gedacht.

Nur ein netter Schwabe wird sich über einen erneuten Erfolg des Lachsacks überhaupt nicht freuen können. Denn als Walter Thiele Ende der Sechziger sein Patent angemeldet hatte, begab er sich auf die Suche nach einer geeigneten Lache. Schließlich setzte sich das Organ eines Stuttgarter Finanzbeamten durch. Kurz vor der Veröffentlichung des Sacks trafen sich die beiden Herren, um die Höhe des Salärs festzulegen. Thiele bot dem Mann mit der prägnanten Lache zunächst eine Beteiligung von 1 Mark pro Stück, doch dieser Deal war dem Schwaben zu unsicher. Getreu dem Motto: „Lieber ein Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“ wollte der Beamte einen einmaligen Betrag auf sein Konto überwiesen haben. Und so einigte man sich auf die Summe von 10.000 Mark. Wie hätte der Pechvogel denn auch ahnen können, daß in den nächsten Jahren Millionen von Exemplaren der lächerlichen Erfindung abgesetzt werden sollten? Christoph Amend