■ Mit Chinas Staatsbetrieben auf du und du
: Eiserne Reisschüssel

Peking (ips/taz) – Vor acht Jahren haben auch Maos Erben ein Konkursgesetz erlassen. Weil aber nicht sein kann, was nicht sein darf, haben sie es auf den Kern ihres Sozialismus bisher nicht angewendet: Die großen Staatsbetriebe dürfen noch immer Verluste in praktisch unbeschränkter Höhe produzieren. Li Tieying, Staatsratsmitglied und zuständig für den Umbau der Wirtschaft, möchte das ändern. Tatsächlich wurden seit August zwei Großkonkurse aus Wuhan gemeldet. In Shanghai stehen zehn Betriebe auf der Abwicklungsliste. Auch in der Provinz Liaoning sind weitere zehn Unternehmen mit insgesamt rund 20.000 Beschäftigten für zahlungsunfähig erklärt worden.

Kenner geben dem Staatsrat jedoch nur geringe Chancen für seinen Kurs. Aus ideologischen Motiven, sagen sie, werde das Primat der Staatsfirmen aufrechterhalten. Private Investoren dürfen höchstens 49 Prozent des Kapitals erwerben. Das sichert der Führung die Kontrolle, bewirkt aber auch, daß Fabrikdirektoren lieber nach Regierungshilfe schauen als in ihre Bilanzen.

Aber auch nach amtlichen Statistiken müßten Tausende von Staatskombinaten sofort liquidiert werden. Die meisten werden aus Angst vor Unruhen durchgeschleppt. Rund zwei Drittel der 17 Millionen Arbeitskräfte, die in China offiziell als „überflüssig“ gelten, sind im staatlichen Sektor beschäftigt. Das System der „Eisernen Reisschüssel“ subventioniert ihnen Wohnung, Essen, Gesundheitspflege und Erziehung.

Die wohltätigen Schulden belasten den Staatshaushalt und heizen die Inflation an, die jetzt wieder eine Monatsrate von 27 Prozent erreicht. Das Geldmengenwachstum bedroht nach Ansicht in- und ausländischer Experten inzwischen den chinesischen Wirtschaftsboom. Die Regierung versucht, der Falle zu entkommen und experimentiert mit verschiedenen Auffangmechanismen. Ein Sonderfonds von über 800 Milionen US-Dollar soll in Shanghai und 17 anderen Industriestädten neue Bankkredite finanzieren. Treuhandgesellschaften sollen die Schulden von Staatsfirmen übernehmen, zudem hoffen die Reformer auf ausländisches Kapital und Managementwissen.