„Mit der SPD verbindet uns viel mehr als mit der CDU“

■ Die Hamburger Grüne Krista Sager über Schwarz-Grün

taz: In mehreren Städten in Nordrhein-Westfalen arbeiten die Grünen nun mit der CDU zusammen. Ist das als ein Signal zu verstehen für künftige Annäherung auch in der Bundespolitik?

Saager: Nein. Das ist Ergebnis kommunaler Sonderbedingungen. Es geht dort nicht um Zusammenarbeit von Parteien, sondern nur um Mehrheiten für kommunalpolitische Entscheidungen. Die Bündnisgrünen müssen auf kommunaler Ebene – und teilweise auch in Ländern – bereit sein, im parlamentarischen Raum mit Kräften zusammenzuarbeiten, die uns nicht nahestehen. Das gilt für die CDU genauso wie für die PDS.

Aber die Union entdeckt nun die Grünen als potentiellen Koalitionspartner. Nicht nur die Junge Union diskutiert wohlwollend über Schwarz-Grün. Beeindrucken Sie solche Angebote nicht?

Nein. Die Grünen sollten sich von den Diskussionen in der CDU und in der Jungen Union nicht verrückt machen lassen. Diese Debatten in der Jungen Union kenne ich auch aus Hamburg. Sie sind zum Teil Ersatzhandlungen für eigene Mehrheiten in der Partei. Wer in den Fragen der multikulturellen Gesellschaft, der Ökologie, der Frauen sich in der eigenen Partei nicht durchsetzt, versucht mit der Debatte über die Grünen die eigenen Themen zu stärken. Das funktioniert aber nicht. Zudem leidet die CDU in den Metropolen unter Schwindsucht: Jüngere Wähler und vor allem die Frauen laufen der Partei weg. Das Heranpaddeln an die Grünen dient auch dazu, die CDU für diese Wählerschichten wieder attraktiver zu machen.

Die FDP wird in vier Jahren wahrscheinlich aus dem Bundestag verschwunden sein. Müssen die Grünen auf längere Sicht nicht für neue Koalitionen offen sein?

Koalitionen entscheiden sich für uns an Inhalten. Trotz aller Bauchschmerzen ist klar: Mit der SPD verbindet uns viel mehr als mit der CDU. Das gilt vor allem auf Bundesebene. Wenn man sich dieses national-reaktionäre Team mit Schäuble oder Kanther anguckt, dann kann es keine grüne Option sein, mit diesen Herren gemeinsam Politik zu machen.

Aber die Bündnisgrünen arbeiten jetzt mit diesem „national-reaktionären Team“ zusammen, um eine Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer durchzusetzen. Ist das nicht bereits ein Zeichen dafür, daß Rot-Grün abgemeldet ist?

Nein. Das ist eine völlig andere Geschichte und hat mit Schwarz- Grün überhaupt nichts zu tun. Bei der VizepräsidentInnenschaft stellt sich die Frage, inwieweit die anderen Parteien den legitimen Anspruch der drittgrößten Fraktion auf einen Sitz im Präsidium akzeptieren. Wolfgang Schäuble ist gerissen genug, so zu tun, als hätte es dort eine Vereinbarung mit den Grünen gegeben. Das stimmt aber nicht. Wir haben lediglich gesagt, wir wollen sowohl von der SPD als auch der CDU die Anerkennung unseres Anspruchs.

Die Grünen spielen aber Schäubles Machtspiel gegenüber der SPD mit.

Wir spielen da gar nichts mit. Wenn es im Bundestag eine Mehrheit für eine Verkleinerung oder Aufstockung des Präsidiums gibt, werden wir bestimmt nicht in Tränen ausbrechen. Es wäre an der SPD gewesen, einen akzeptablen Vorschlag zu machen. Bislang hat sie ja noch nicht einmal ihre Bereitschaft erklärt, Antje Vollmer zu wählen. Interview: Hans Monath