Bauministerin Irmgard Schwaetzer baut ab

■ Die FDP-Politikerin schmeißt ihr Amt als stellvertretende Parteivorsitzende / Als Bundestagsvizepräsidentin abgeblitzt, als Bauministerin ohne Zukunft

Bonn (taz) – Weniger durch liberale Standfestigkeit bei den Koalitionsverhandlungen als durch Machtkämpfe, Intrigen und allzumenschliche Gefühlsausbrüche sorgen die Politikerinnen und Politiker der FDP gegenwärtig für Dramatik im politischen Geschäft. Gestern schmiß Bauministerin Irmgard Schwaetzer demonstrativ ihr Amt als stellvertretende Parteivorsitzende hin. Der Grund: Kohls bisherige Lieblingsministerin sieht keine Chance mehr, den Posten einer Bundestagsvizepräsidentin zu ergattern. Die Landesgruppe NRW der FDP-Fraktion, aus der die Abgeordnete kommt, entschied sich mit sechs zu fünf Stimmen für die Kandidatur des Linksliberalen Burkhard Hirsch.

Mit dem trotzigen Hinschmeißen ihres Parteiamtes reagierte die ehrgeizige Apothekerin darauf, daß sich bei der gestrigen Sitzung ihrer Fraktion im Berliner Reichstag praktisch alle Aussichten auf ein höheres Staatsamt zerschlagen hatten. Als Bauministerin war Schwaetzer nicht erst seit der Affäre um den überfluteten Schürmann-Bau umstritten, der die Steuerzahler voraussichtlich mehrere hundert Millionen Mark kosten wird. Seit Wochen galt es als abgemacht, daß die bei den Wahlen stark geschwächten Liberalen bei einer Kabinettsverkleinerung am ehesten auf eine Ministerin Schwaetzer verzichten würden.

Gestern morgen teilte FDP- Chef Kinkel der Politikerin mit, daß sie der neuen Bundesregierung nicht mehr angehören werde.

Schwaetzer, die mit schmerzlichen Niederlagen Erfahrung hat, reagierte nach Angaben von Sitzungsteilnehmern „sehr betroffen“ auf die Entscheidung ihrer Landesgruppe. Als sie 1992 bei der Wahl des Nachfolgers Hans-Dietrich Genschers gegen Klaus Kinkel nicht zum Zuge kam, reagierte Schwaetzer mit einem Tränenausbruch. Ihrem NRW-Kollegen Jürgen Möllemann, den sie damals für ihr Scheitern veantwortlich machte, warf sie die berühmt gewordene Bezeichnung „intrigantes Schwein“ an den Kopf.

Beim Kampf Möllemanns um ein Ministeramt und den Einzug in die FDP-Kommission für die Koalitionsverhandlungen spielte auch die Intimfeindschaft mit Irmgard Schwaetzer eine Rolle. Möllemann warf der Bauministerin schließlich vor, sie habe gemeinsam mit anderen FDP-Politikern ein Komplott gegen ihn als NRW- Landesvorsitzenden geschmiedet. Möllemann mußte den Landesvorsitz aufgeben. Irmgard Schwaetzer aber überlebte ihren Gegner politisch nur um wenige Tage. Ihr Amt als Bauministerin, so erklärte sie gestern, werde sie geschäftsführend bis zur Bildung der neuen Regierung wahrnehmen. Hans Monath