Wagners Info-Recycling

■ Dem Bau-Senator geht's gut / Höhere Neubau-Mieten und Zuzugssperre für Sozialschwache Von Uli Exner

Eugen aus der Kiste. Da war er wieder. Nach monatelanger Öffentlichkeits-Abstinenz – Auftritt des zur Fülle neigenden Hamburger Bausenators im Sitzungssaal 201 (eingerichtet im guten alten Politbüro-Stil) seiner Behörde.

„Mir geht–s gut. Privat geht's mir sogar sehr gut.“ Scherzchen hier, Scherzchen da und dann – die Nachricht: „Wohnungspolitik für Hamburg: Hohe Neubauförderung und Sicherung des Wohnungsbestandes zu sozial vertretbaren Bedingungen“. Whow. Es folgen acht Seiten und ein Schaubild, in denen freundliche Mitarbeiter ziemlich exakt jene Neuregelung des sozialen Wohnungsbaus in Hamburg zusammengefaßt haben, die Wagner im März schon einmal dem erstaunten Publikum vorgestellt hat.

Zweifelnd pendeln die Journalistenköpfe von rechts nach links, von links nach rechts: „Äh? ... Was ist daran neu?“ Ein Verdacht regt sich. Will hier einer, von dem man im vergangenen halben Jahr ... ?

Seinen „Spar“-Haushalt 1995, Volumen immerhin 1,2 Milliarden Mark zu erläutern, darauf hat Wagner als einziges Regierungsmitglied in diesem Sommer gänzlich verzichtet. Warum sollte man den Bürgern auch erzählen, was man mit den Milliönchen zu tun gedenkt? Auf die in der Baubehörde dümpelnden „dringlichen“ Großprojekte, wie Neustrukturierung des ÖPNV, vierte Elbtunnelröhre, Verkehrskonzept, Umgehung Finkenwerder, hat sich eine dicke Staubschicht festgesetzt. Fragen nach dem jeweiligen Stand der Dinge bügelt Pressesprecher Jürgen Asmussen weisungsgemäß ab.

Auch im Kleinen folgt großspurigen Ankündigungen – Verbesserung des Radwegenetzes – Leisetreterei. Eine Podiumsdiskussion mit empörten BürgerInnen aus der Großsiedlung Kirchdorf-Süd sagte der als Populist geltende Senator ab, weil ihm der Tenor der Einladung nicht paßte. Und jetzt auch noch olle Kamellen?

Nein, nein, wehrt der Senator ab und zählt auf, was denn neu sein soll an seinen „Grundzügen der künftigen Wohnungspolitik“:

–Auch künftig will der Senat jährlich den Bau von 5100 Wohnungen fördern (wurde schon im 93er Wahlprogramm versprochen).

–Hamburg wird im kommenden Jahr die Förderungswege im sozialen Wohnungsbau neu gliedern. Weniger – 2200 statt 2900 – Wohnungen für Mieter, deren Verdienst am untersten Rand der Einkommensskala anzusiedeln ist. Statt dessen mehr Wohnungen für etwas besser Verdienende. Die Anfangsmieten für Sozialwohnungen (Erstbezug) liegen damit ab 1995 zwischen 9,80 und stolzen 16,30 Mark (hatte Wagner schon im März angekündigt).

–Dasselbe gilt für den sogenannten „Hamburg-Bonus“, von der grünen Opposition auch als „Zuzugssperre für Sozialschwache“ bezeichnet. Danach werden Dringlichkeitsscheine ab Januar nur noch an Menschen vergeben, die bereits seit drei Jahren in Hamburg ihren Hauptwohnsitz haben.

Begründung des Bausenators für sein Informations-Recycling: der Senat habe dem Konzept zugestimmt – im Juli. Macht nix. Hauptsache: „Mir geht's gut...“