Zwei Skandale sind genug

■ Hamburg will Beratungsbüro der Patienteninitiative schließen / Zwangsfusion mit Verbraucherzentrale gefordert / Grünschwarz ist dagegen Von Sannah Koch

„Im höchsten Maße unsensibel“ – diese Formulierung wählte CDU-Politiker Sieghard-Carsten Kampf. „Ignoranz der Macht“ nennt es der GAL-Politiker Peter Zamory. Und die Gründerin der Hamburger Patienteninitiative (PI), Kerstin Hagemann, mutmaßt: „Wir waren dem Senat wohl zu unbequem.“ Drei Schlußfolgerungen, die ihrer Logik nicht entbehren: Nach zwei großen Medizin-Skandalen will Hamburg sich der Beratungsstelle der Patienteninitiative entledigen.

Die Initiative hatte sich vor zehn Jahren nach dem Arztskandal um den Cheforthopäden des AK Barmbek gegründet. Prof. Rupert Bernbeck hatte damals Hunderte zu Krüppeln operiert – doch erst, nachdem die PI monatelang keine Ruhe gab, reagierte die Stadt. Millionen Mark an Entschädigung wurden gezahlt, ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuß empfahl einstimmig, in Hamburg eine unabhängige Patientenberatungsstelle zu fördern. Die PI bekam ein Büro, und damit es nicht zu unabhängig wurde, bekam auch die Verbraucherzentrale eine Patienten-Rechtsberatung.

Seit Monaten versucht die Gesundheitsbehörde nun, Patienteninitiative und Verbraucherzentrale zwangszuverheiraten. Hintergrund: Beiden Einrichtungen, bislang mit mageren 1,75 (PI) bzw. 3 Halbtagskräften ausgestattet, soll nun das Geld für eine Zwei-Drittel-Stelle (67.000 Mark) gestrichen werden. Dann, so der Senat, lohne aber die Fortführung zweier Büros nicht mehr: Die PI soll unter das Dach der VZ.

„Eine unabhängige Anlaufstelle, die wie wir streng parteiisch für die Patienten eintritt, gäbe es dann nicht mehr“, klagt Kerstin Hagemann. In zahlreichen Gesprächen mit der VZ sei keine Form einer Zusammenarbeit gefunden worden, bei der die Initiative ihr Profil und ihre Arbeitsweise hätte behalten können. „Wir beraten die Hilfesuchenden bei allen Problemen, verstehen uns als politische Lobby und haben unsere Räume zudem auch anderen Selbsthilfegruppen zur Verfügung gestellt“, so Hagemann. Die VZ konzentriert sich hingegen auf rechtliche Probleme.

Vor wenigen Tagen hat die Gesundheitsbehörde jedoch ein letztes Ultimatum gestellt. „Wenn Sie sich bis Dezember nicht zu einer Fusion durchringen, wird Patientenberatung in Hamburg künftig ohne Sie stattfinden“, so habe man ihr mitgeteilt. Auch Wissenschaftssenator Leonhard Hajen, der sich derzeit mit den Folgen des UKE-Strahlenskandals herumschlägt, so Hagemann, habe auf ihre Bitte um Hilfe nie reagiert.

In diese Bresche wollen nun GAL und CDU springen: Für sie ist der Vorgang erneuter Beleg dafür, wie ignorant der Senat mit Patientenrechten umgeht. Beide Fraktionen wollen mit einem Bürgerschaftsantrag den Erhalt der PI sichern. SPD und Statt Partei haben so einen Antrag jedoch bereits in einer Ausschußsitzung abgelehnt.