Wie der Lotto-Hauptgewinn

■ Bremer Büro „Friedensdorf“ vermittelt Kriegsopfer in deutsche Kliniken

„Wir arbeiten daran, uns selber überflüssig zu machen“, sagt Anke Krause. Das allerdings ist eine Sisyphosarbeit. Denn Anke Krause hilft den „unschuldigsten Opfern der Kriege“, verletzten Kindern aus aller Welt. Und an Kriegsopfern herrscht auf der Welt kein Mangel – im Gegenteil: „Die Zahl der Kinder, die wir betreuen, ist gestiegen, weil auch die Zahl der Kriege weltweit gestiegen ist.“

Für die verwundeten und verstümmelten Kinder geht Anke Krause betteln. Seit Juli leitet sie in Bremen eine Koordinationsstelle des Oberhausener Vereins „Friedensdorf International“. Der Verein, Mitglied im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband, hat es sich seit 1967 zum Ziel gesetzt, kriegsverwundete Kinder für eine dringende Behandlung kurzfristig nach Deutschland zu holen. Jährlich knapp 300 Kinder werden von dem privaten Verein, der sich nur aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert, nach Deutschland geholt und hier kostenlos behandelt. In Zeiten gedeckelter Budgets in den Krankenhäusern erfordert das eine Menge Lobbyarbeit. Die soll Sozialpädagogin Krause von ihrem Bremer Büro aus für den gesamten norddeutschen Raum betreiben: Krankenhäuser zwischen der niederländischen und der polnischen Grenze anschreiben, ehrenamtliche HelferInnen finden und nebenbei auch noch Spenden einsammeln.

Für die Kinder aus Ländern wie Angola oder Afghanistan, die seit Jahren unter chronischen Kriegsfolgeschäden leiden, ist die Reise nach Deutschland wie der Hauptgewinn in der Lotterie. Regelmäßig fahren die HelferInnen in die Länder, aus denen sie Anfragen bekommen, bereits mit einer Liste der zugesagten Betten auf deutschen Chirurgie-, Orthopädie oder Inneren Stationen in der Tasche. In den Kliniken der Kriegsgebiete werden die Kinder dann für den Transport nach Deutschland ausgesucht. Um die viel zu wenigen Plätze gibt es viel zuviele BewerberInnen – „aber die Menschen verstehen, daß nicht alle drankommen können“, meint Krause. Natürlich gebe es ab und zu Versuche, die Auswahl zu beinflussen, aber „wir haben da einen sehr erfahrenen Mitarbieter, der alle Tricks kennt und das rigoros ablehnt.“ Für die Auswahl gibt es vier Kriterien: nur wenn die Wunde oder Krankheit im Heimatland nicht heilbar ist, in Deutschland dagegen diese Chance besteht, die Eltern eine Behandlung nicht zahlen können und die Behörden sich zur Wiederaufnahme der Kinder verpflichten, bestehten Chancen auf einen Platz in deutschen Krankenhäusern. In Deutschland sorgt der Verein „Feriendorf“ für Behandlung und Betreuung am Krankenbett, für einen Dolmetscher und für eine Schulung der ehrenamtlichen Mitarbeiter. „Die Kinder sollen sich nicht zu sehr an die Personen binden und möglichst nicht mit Konsumartikel überschüttet werden“, meint Krause.

Sieben Kinder hat Anke Krause bisher in Norddeutschland unterbringen können, vier von ihnen in Bremen. Die Krankenhäuser hängen ihre humanitären Hilfen nicht gern an die große Glocke, weil ihnen dann Krankenkassen und Gesundheitsbehörden auf die Zehen steigen. „Es gab mal Töpfe für so etwas, aber die sind inzwischen ständig leer“, meint etwa Uwe Schmidt, Verwaltungsdirektor des Zentralkrankenhauses Bremen-Nord. Bei diesen Hilfsaktionen arbeitet das Personal freiwillig unbezahlte Überstunden, das Essen kommt aus dem großen Topf, es entstehen eigentlich nur Kosten für Medikamente und Gerätenutzung. „Die Gesundheiutsbehörden sind bei so etwas immer irritiert“, meint Schmidt, „denn pflegesatzrechtlich ist das nicht zulässig.“ bpo

Friedensdorf International, Wätjenstr.9-11, Tel. 210117, Konto.Nr. 111 8900 bei der Sparkasse, BLZ 290 50101