Momper wußte von Neumanns Problemen

■ Unregelmäßigkeiten schon vor zwei Jahren bekannt / Neumann streitet ab

Im Fall Kurt Neumann kommt jetzt auch einer der Bewerber für die SPD-Spitzenkandidatur unter Rechtfertigungsdruck: Walter Momper weiß seit 1992 über Geldschwierigkeiten des Rechtsanwalts Bescheid. Gegen den Bundestagsabgeordneten sind drei zivilrechtliche Haftbefehle und ein Strafverfahren anhängig, weil er gerichtlich verfügten Geldzahlungen nicht nachgekommen ist und ihm Untreue vorgeworfen wird.

Wie der damalige Landesgeschäftsführer Reinhard Ross der taz berichtete, sei er im Sommer 1992 von dem Steuerberater Michael Elze gebeten worden, ob er mit Neumann wegen offenbar überhöhter Anwaltsgebühren reden könne. Elze war unter Momper Mitglied im Landesvorstand der SPD. Ross hatte darauf den damaligen Landesvorsitzenden Walter Momper über finanzielle Unregelmäßigkeiten informiert, was Momper gestern bestätigte: „Da ist mal was gewesen.“

Momper und Ross betonten aber gestern, daß es sich damals um geringe Geldbeträge von mehreren tausend Mark gehandelt habe. Bei der Nominierung Neumanns als Direktkandidat für die Bundestagswahl auf einem Landesparteitag im April dieses Jahres habe man nicht geglaubt, daß die damaligen Vorwürfe noch aktuell und gar neue dazugekommen sein könnten. Elze berichtete gestern, daß die damaligen Auseinandersetzungen „privat erledigt“ worden seien. Das Ehrengericht für die Berliner Rechtsanwälte hatte Neumann vor zwei Jahren zu einer Geldbuße von 25.000 Mark verurteilt, die der Betroffene aber erst vor vier Tagen bezahlt hat.

Ditmar Staffelt will von Neumanns Schulden erst eine Woche vor der Bundestagswahl gewußt haben. Er habe einen Anruf bekommen. Von den drei Haftbefehlen, die auf Antrag der Gläubiger durch Gerichtsvollzieher vollstreckt werden könnten, sobald der Bundestag Neumanns Immunität aufhebt, will Staffelt aber erst gestern aus der Zeitung erfahren haben. SPD-Chef Rudolf Scharping zeigte gestern vor der konstituierenden Sitzung des Bundestags wenig Interesse an einer Aufhellung der Affaire. Er wollte sich auf keinen Termin für ein Gespräch mit dem Betroffenen festlegen: „Vielleicht nächste Woche.“

Die Berliner Landesgruppe der Bundestagsfraktion hat dagegen bereits beschlossen, Neumann vorerst in keine Ausschüsse zu entsenden. Gestern überlegten sich die Kreisvorsitzenden Kreuzbergs und Schönebergs mit Landesgeschäftsführer Rudolf Hartung weitere Schritte, wollten aber über das Gespräch keine Auskunft geben. Abends sollte ihnen Neumann Rede und Antwort stehen. Neumann selbst will sein Mandat noch nicht zurückgeben. Spekulationen bezeichnete er auf Anfrage als „völlig absurd“. Die Vorwürfe seien „Quatsch“. Dirk Wildt