Oberbaumbrücke – Betreten verboten

■ Polizei reagierte mit Prügeln und Wasserwerfern auf kurze Ausschreitungen / Anwohner und Journalisten unerwünscht

Unter massivem Einsatz wurde die Skalitzer Straße zwischen Schlesischem Tor und Wrangelstraße am Mittwoch abend buchstäblich leergefegt: Eine geschlossene Kette von Polizisten, mit Hunden an der Leine und Knüppeln an der Hose, gefolgt von zwei Wasserwerfern, Räumfahrzeugen und Mannschaftswagen, ließ nichts und niemanden aus, um zu verhindern, daß auch nur einzelne in die Nähe der Oberbaumbrücke kamen. Zuvor hatten über 2.000 Menschen an der Abschlußkundgebung der Demo gegen die Öffnung der Oberbaumbrücke für den Autoverkehr am Schlesischen Tor teilgenommen.

Nachdem dort die ersten Pflastersteine geflogen waren, ließ die Polizei das Gebiet großräumig räumen, Anwohner auf dem Weg nach Hause mußten umkehren. Etwa zwanzig Leute, die vor einer Kneipe an der Skalitzer Straße saßen, wurden von etwa zehn Polizisten von ihren Stühlen gezerrt und vertrieben. Wenige Meter weiter stürmten vier offensichtlich überhitzte Polizisten ohne erkennbaren Anlaß in eine Döner-Bude und versuchten, einen jungen Mann mit Kapuzenpulli auf die Straße zu zerren.

Als auch der militante Flügel der Demonstranten sich längst verflüchtigt hatte und praktisch nur noch die Polizei im Kiez unterwegs war, landete taz-Redakteurin Annette Rogalla gegen halb neun mit der Nase auf dem Pflaster, als sie mit Beamten darüber zu diskutieren versuchte, warum sie nicht über die soeben eröffnete Brücke flanieren könne. Zwei Polizisten warfen sie kurzerhand auf den Boden, drehten ihr den Arm um und schleppten sie zur Personalienfeststellung in eine Wanne. Erst nach langen Debatten darüber, ob man sie auf die Wache bringen solle, durfte sie gehen.

Die Lage auf der Brücke eskalierte zu diesem Zeitpunkt ohne ersichtlichen Grund. Vier Polizisten seien plötzlich losgestürmt und hätten einen Radfahrer vom Fahrrad gezerrt und weggeschleppt, berichtete ein Pressefotograf der taz. „Vielleicht ist er ohne Licht gefahren.“ Wenig später sei eine Frau nach einer verbalen Auseinandersetzung auf den Boden geworfen und derart geschlagen worden, daß sie ins Krankenhaus eingeliefert werden mußte. Auch der Presseausweis half da wenig. Immer wieder hörten Journalisten, es sei „scheißegal“, ob sie von der Presse seien, sie sollten bitte verschwinden.

Etwa 2.200 Leute hatten sich gegen 16.30 Uhr am Kottbusser Tor versammelt, um gegen die Eröffnung der Oberbaumbrücke zu demonstrieren. Das Oberverwaltungsgericht hatte in letzter Minute die Abschlußkundgebung auf der Brücke untersagt.

Nach Ende der Kundgebung am Schlesischen Tor versuchte ein großer Teil der Demonstrierenden lautstark und unter Einsatz von Pflastersteinen und Brandsätzen, die von der Polizei hermetisch abgeriegelte Brücke zu erreichen. Kurzfristig setzte die Polizei einen Wasserwerfer ein und drängte die Leute sukzessive zurück in Richtung Görlitzer Bahnhof. Spätestens gegen halb acht hatte sich die Demonstration verlaufen. Sechs Leute wurden wegen Landfriedensbruchs festgenommen. Jeannette Goddar