Die Rückkehr der Intoleranz in den USA

■ Auch bei den zahlreichen Referenden in den Bundesstaaten setzten sich die konservativen Gesetzesinitiativen durch

New York (AP/dpa/wps) – Nur einen Tag nachdem die BürgerInnen im US-Bundesstaat Kalifornien die umstrittene „Vorlage 187“ gegen ImmigrantInnen per Referendum gebilligt hatten, ist ein Teil der Vorschriften bereits per Gerichtsbeschluß wieder außer Kraft gesetzt. So stoppte ein Gericht in San Francisco per einstweiliger Verfügung Teile des Gesetzes, nach denen Kinder illegaler ImmigrantInnen ab sofort der Besuch öffentlicher Schulen verweigert werden sollte. Bürgerrechtsorganisationen und Schulen hatten unmittelbar nach dem Referendum gegen die Verordnung geklagt. Der republikanische Gouverneur Pete Wilson, einer der Verfechter der Vorlage, hatte noch am Mittwoch alle staatlichen Einrichtungen angewiesen, sich auf eine sofortige Durchführung der Beschlüsse vorzubereiten.

Schon vor dem Referendum hatte die Vorlage massive Proteste ausgelöst, nicht zuletzt in Mexiko. „Die Stimmen der Intoleranz sind zurückgekehrt“, kommentierte der scheidende mexikanische Präsident Carlos Salinas de Gortari und stellte sich damit an die Spitze des Protests gegen die kalifornischen Vorhaben. Die Kritik an der „Vorlage 187“ eint in Mexiko alle gesellschaftlichen Gruppen, von „Rassismus“ und einem „schweren Schlag für die US-amerikanisch- mexikanischen Beziehungen“ war in den Zeitungen die Rede. Neben moralischer Entrüstung stehen dahinter vor allem ökonomische Befürchtungen in den armen Bundesstaaten Baja California, Michoacan, Zacatecas und Guerrero. Von dort kommen die meisten der illegalen ImmigrantInnen in die USA – die Rückkehr Hunderttausender könnte katastrophale Auswirkungen auf den mexikanischen Staatshaushalt haben.

Aber nicht nur in Kalifornien setzte sich bei den Referenden vom Dienstag die konservative Seite durch: In Georgia soll künftig jeder, der zum zweiten Mal eines schweren Gewaltverbrechens überführt wurde, automatisch zu lebenslanger Haft ohne jegliche Chance einer Begnadigung verurteilt werden. 75 Prozent der Wähler sprachen sich dafür aus, in dem Südstaat die nunmehr schärfsten Strafgesetze in den gesamten USA einzuführen. In Kalifornien gilt laut der am Dienstag gebilligten Initiative die Regelung „automatisch Lebenslänglich“ erst nach der dritten Verurteilung. Die KalifornierInnen erteilten den Plänen von Präsident Bill Clinton bezüglich der Einführung einer staatlichen Gesundheitsversorgung eine eindeutige Abfuhr und billigten ein Rauchverbot am Arbeitsplatz ab dem 1. Januar.

Kontrovers war in Oregon vor allem die Abstimmung über die Legalisierung aktiver Sterbehilfe. Ärzte sollen diese laut der vorgelegten Initiative anbieten können, wenn der Patient dreimal ausdrücklich darum gebeten hat, davon einmal in schriftlicher Form. Nach der Auszählung von 95 Prozent der Stimmen lagen die Befürworter der Sterbehilfe mit 52 Prozent knapp in Führung.

In Wisconsin sprachen sich die Wähler gegen ein Verbot privaten Waffenbesitzes aus. In Florida votierten sie für die Rücknahme von geltenden Sonderrechten für Homosexuelle. In vielen Staaten wurden regionale Steuererhöhungen zurückgewiesen. In Oklahoma lehnten die Wähler selbst eine besondere Vergnügungssteuer ab, mit der die Brustkrebsforschung in dem Bundesstaat hätte finanziert werden sollen.