Klemann schwimmt bald im Trockenen

■ Überführung der Bäder in eine Holding soll von der SPD auf Landesparteitag abgelehnt werden / Künftig nur noch zehn Bäder für Schul- und Vereinssport / Keine Schließung

Die umstrittene Privatisierung der 72 Berliner Frei- und Hallenbäder könnte bald auch in der Berliner Großen Koalition zum Konfliktstoff werden. Auf dem Landesparteitag der SPD am kommenden Dienstag wird unter anderem über einen Antrag abgestimmt, der im Rahmen der bezirklichen Selbstverwaltung auch die Zuständigkeit der Bezirke für die Bäder fordert. Falls der Antrag angenommen wird, und dessen ist sich der Kreuzberger SPD-Bürgermeister Peter Strieder sicher, hätte das von Sportsenator Jürgen Klemann (CDU) beschlossene Modell einer landesweiten Holding keine parlamentarische Mehrheit.

Bereits gestern trafen sich die SPD-Sportstadträte der Bezirke und bekräftigten ihre Ablehnung des am vergangenen Montag von einem Lenkungsausschuß zur Bäderprivatisierung beschlossenen Holding-Modells. „Bevor man nicht abschließend weiß, was und wie da eingespart wird“, kritisiert der Spandauer Sportstadtrat Fredy Stach (SPD), „lehnen wir das ab.“ Bereits vor zwei Monaten waren die SPD-Stadträte aus Protest gegen die „Informationspolitik“ der Senatsverwaltung aus dem Lenkungsausschuß ausgeschieden.

Anlaß für die neuerliche Kritik ist ein 1,2 Millionen Mark teures Gutachten der Firma Bossard, dessen Empfehlung für eine Holding der Lenkunsausschuß gefolgt war. Darin wird vorgerechnet, daß im Gegensatz zu der von der SPD geforderten bezirklichen Neustrukturierung des Bäderwesens eine Holding mit jährlich 40 Millionen Mark gegenüber 23 Millionen den größten Spareffekt erziele. Gegenwärtig bezuschußt der Senat den Berliner Bäderbetrieb mit jährlich 144 Millionen Mark. Die Privatisierung der Berliner Bäder soll im kommenden Jahr unter Dach und Fach sein. Für den Doppelhaushalt 1995/96 ist eine Einsparung von 20 Millionen vorgesehen.

Der Beschluß des Lenkungsausschusses, der bereits in der kommenden Woche im Sportausschuß des Abgeordnetenhauses beraten werden soll, sieht vor, die Berliner Bäder in einer Holding mit vier regionalen Bereichen zusammenzufassen. Dadurch könne nicht nur das Personal von derzeit 1.357 Mitarbeitern auf die Hälfte reduziert, sondern auch das Angebot differenziert werden.

„Das derzeitige Angebot“, heißt es dazu in einer Stellungnahme des Sportsenators, „muß der aktuellen und zukünftigen Nachfrage zunächst qualitativ angepaßt werden.“ Im Klartext: Nur noch zehn von insgesamt 48 Hallenbädern sollen künftig dem Schul- und Vereinssport zur Verfügung stehen. Immerhin, so geht aus der Studie hervor, liegt Berlin mit einem Anteil von 48 Prozent Nutzung durch Vereine, Schulen und Kitas im Ländervergleich ganz vorne. Sehr zum Ärger offenbar von CDU-Senator Klemann, heißt das doch, daß nur 52 Prozent der Bädernutzer in Berlin „zahlende Gäste“ sind.

Dagegen feiert der Sportsenator den Beschluß des Lenkungsausschusses als Erfolg. Mit dem Holding-Modell, meinte Klemann, „sichern wir langfristig die Zukunft der städtischen Bäder und müssen nicht wie andere Kommunen wegen ständig steigender Betriebskosten Bäder schließen“. Auch künftig sollen Schulen und Vereine kostenlos baden dürfen. Außerdem solle, so Klemanns Sprecher Andreas Moegelin, keines der Bäder, auch nicht die vor kurzem übernommenen Bäder der Alliierten, an Dritte verkauft werden. Und zuletzt, so Moegelin, sollen auch die derzeit stillgelegten Badeanstalten, darunter das Stadtbad Prenzlauer Berg, langristig wiederhergestellt werden.

„Enttäuscht darüber, wie die Probleme angegangen werden“, zeigte sich freilich der Spandauer Sportstadtrat Fredy Stach. Noch vor geraumer Zeit, meinte er gegenüber der taz, sei vom Senat zugesichert worden, die Bezirke an der Entscheidungsfindung über die Neustrukturierung der Bäder zu beteiligen. Statt dessen habe es Klemann nicht einmal nötig gehabt, Briefe aus den Bezirken zu beantworten. Wie der Kreuzberger Bürgermeister Strieder betonte auch Stach, daß man dem Holding-Modell auf keinen Fall zustimmen werde. Uwe Rada