: „Theo Waigel“ bescheißt den Finanzminister
■ Dresdner Bank erstattet Anzeige gegen Staatsanwaltschaft / Laut „Panorama“ konnten KundInnen mit Phantasienamen Geld nach Luxemburg transferieren
Berlin (taz) – Die Dresdner Bank hat gestern Strafanzeige gegen die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft gestellt. Reporter der ARD- Sendung „Panorama“ hatten am Donnerstag Einzelheiten über eine angebliche Beihilfe des Kreditinstituts zur Steuerhinterziehung veröffentlicht. Diese Details, so der Vorwurf der Bank, konnten sie nur von den Strafverfolgern haben. Die Staatsanwälte hätten damit das Amts- und Steuergeheimnis gebrochen.
Laut „Panorama“ hat die Düsseldorfer Niederlassung der Dresdner Bank „ein fast perfekt getarntes Geldtransfersystem zu ihrer Luxemburger Tochter“ aufgebaut. 3,5 Milliarden Mark seien auf diese Weise in Richtung Steueroase geflossen, ohne daß in Theo Waigels Steuersack auch nur eine Mark davon auftauchte. Profitiert hätten 1.200 KundInnen. Da die Frankfurter Zentrale das System gebilligt habe, gerate auch Vorstandssprecher Jürgen Sarrazin ins Visier der Staatsanwälte.
Im Januar hatten Steuerfahndung und Staatsanwaltschaft eine Woche lang die Düsseldorfer Filiale besucht und 70 Akten beschlagnahmt. Vergeblich versuchte das Kreditinstitut, dagegen beim Bundesverfassungsgericht zu klagen. Nach dem „Panorama“- Bericht haben die Fahnder nach der Aktion in mühevoller Kleinarbeit Namen vermutlicher SteuerhinterzieherInnen herausgefunden. Die Dresdner Bank soll ihnen die Nutzung ihres Verrechnungskontos mit der Luxemburger Tochterbank in Frankfurt angeboten haben. Die KundInnen sollen sich am Schalter als „Pinocchio“ oder „Theo Waigel“ ausgegeben und ihr Geld auf das Verrechnungskonto eingezahlt haben. Von dort aus sei es als bankinterner Vorgang direkt nach Luxemburg umgebucht worden.
Ziel der Übung, so „Panorama“, war es, der Zinsabschlagsteuer zu entgehen, die in Deutschland 30 Prozent beträgt. Zwar müssen offiziell auch die im Ausland anfallenden Zinsen gemeldet werden, aber erst am Jahresende. Insofern preisen die Banken das Verfahren als Weg zum „Steuersparen“ und nicht „Steuerhinterziehen“ an. Da aber Luxemburg sich weigert, irgendwelche Daten über Bankkunden herauszurücken, können Schwarzgeldkonto-Inhaber ruhig schlafen. Auch die Banken sind aus dem Schneider, wenn sie ihre KundInnen auf die Steuerpflicht hinweisen. Seit Inkrafttreten des Geldwäschegesetzes müssen sie zudem bei EinzahlerInnen von mehr als 20.000 DM deren Identität festhalten.
Der Geldtransfer direkt über das Verrechnungskonto einer Luxemburger Tochterbank ist bei Banken durchaus nicht unüblich und auch legal. Lösbar wäre das Problem durch eine Änderung des Bankgesetzes. Wenn darin vorgeschrieben würde, daß jeder, der Geld ins Ausland überweisen will, in Deutschland ein Konto haben müßte, wären Steuerhinterziehungen nicht so risikolos möglich. Annette Jensen
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