Eine Massage für die Seele

■ Der Deutsche Tauchverband wird 40 /Feier im CCH Von Stefan von Leesen

Als der französische Meeresforscher Jacques Cousteau Anfang der Siebziger einem breiten Fernsehpublikum die Reize der Unterwasserwelt näher brachte, ließen sich viele in den Bann ziehen. Regelmäßig tauchten Millionen von Menschen in eine Welt voller Schönheit und Anmut ab – wenngleich vorerst nur gedanklich. Die meisten mußten sich mit Träumereien begnügen, weil nicht zuletzt die hohen Kosten sie damals am Sprung ins Wasser hinderten. Dem ist schon lange nicht mehr so. Mit über 50.000 Mitgliedern zählt der Verband Deutscher Sporttaucher (VDST) zu den mitgliederstärksten hierzulande. Alleine in Hamburg sind fast 1.500 TaucherInnen in 19 Vereinen organisiert. Vorgestern feierte der Verband im CCH sein 40jähriges Bestehen.

Was macht nun die Faszination aus, die den Tauchsport immer mehr Anhänger finden läßt? „Tauchen ist für mich Entspannung und Meditation zugleich“, sagt der Hamburger Tauchlehrer Christian Borowski, der seine Empfindungen unter Wasser als eine Art von „Massage für die Seele“ beschreibt. In einer Welt, in der Hektik und Zeitmangel Muße und Gelassenheit schon lange abgelöst haben, suchen immer mehr Menschen einen Ausgleich, der im wirklichen Leben anscheinend nur schwer zu finden ist.

Unter Wasser jedoch bietet sich – noch, denn Umweltzerstörung macht auch vor den Meerestiefen nicht halt – eine Spielwiese an, die es an fast nichts mangeln läßt. Korallenriffe, Flora und Fauna, die scheinbar unendlichen Weiten lassen schon bald das Leben an Land in einem ganz anderen Licht erscheinen – grenzenlose Freiheit scheint dort nicht mehr möglich zu sein.

Bis allerdings der Sprung in die magische Welt gewagt werden kann, bedarf es einer gründlichen Vorbereitung. Über viele Übungseinheiten hinweg werden die zukünftigen Tiefenstürmer in Schwimmbädern auf den Ernstfall vorbereitet. Sportärztliche Untersuchungen sind ebenso Pflicht wie etliche Theoriestunden, ehe der erste Tauchgang ansteht – zumeist in heimischen Gewässern. Angst vor der Tiefe und Zweifel am eigenen Können, die bei vielen Tauchnovizen zunächst vorherrschen, werden so kontinuierlich abgebaut.

Gefahr ist dennoch kein Fremdwort, und gerade die möglichen Grenzerfahrungen sind es, die Tauchen so attraktiv erscheinen lassen. „Es war ein Gefühl, vergleichbar mit dem Rausch nach zuviel Alkohol“, beschreibt die Hamburger Tauchlehrerin Maria Brentrup ihre Erfahrungen mit dem Tiefenrausch inzwischen relativ gelassen. Tiefenrausch, der durch die Überreizung durch Unter-Wasser-Eindrücke entsteht, kann zu völligen Blackouts führen. „Ich wußte nicht mehr, wo ich war. Erst als ich durch die Hilfe anderer Taucher wieder nach oben kam, wurde mir bewußt, welcher Gefahr ich entgangen war“.

Die Hilfsbereitschaft untereinander ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Jedes Mitglied einer Tauchgruppe hat auch immer seine Partner im Auge – Egoisten sind unter Wasser erst recht fehl am Platze. Der gelebten Solidarität entspringt ein Wir-Gefühl, welches an Land häufig verlorengegangen ist. Sind Taucher deshalb bessere Menschen? Verbirgt sich die gerechte Gesellschaft unter Wasser? Vermutlich nicht, auch wenn es eine schöne Vorstellung ist.