"Das Ziel ist richtig"

■ TU-Präsident Dieter Schumann will die Ablehnung seines Strukturplans respektieren, aber nicht zurücktreten

taz: Nach dem von Ihnen vorgelegten Strukturplan sollen die Geistes- und Sozialwissenschaften auf Serviceleistungen für die Ingenieurwissenschaften zurückgestutzt werden. Andererseits wollen Sie mit der Gründungsidee von 1946, die rein technisch orientierte Hochschule zu überwinden, „praktisch Ernst machen“. Sehen Sie darin keinen Widerspruch?

Dieter Schumann: Das ist Ihre Interpretation. Der Plan soll aber gerade einen größeren Bezug zwischen Geistes- und Technikwissenschaften herstellen. Die Gründungsabsicht dieser Universität stelle ich nicht in Frage.

Ist der Plan ein Akt vorauseilenden Gehorsams gegenüber der Sparpolitik des Senats?

Es gibt mehrere Faktoren, die die Universitäten vor eine Herausforderung stellen. Wir haben die Entwicklung im Landeshaushalt, wir haben die Forderung nach einer weitergehenden Abstimmung zwischen den Universitäten. Und wir müssen ohnehin die strukturelle Entwicklung unserer Universität über das hinaus, was im Hochschulentwicklungsplan entschieden worden ist, betreiben.

Ihr Plan hat auch Konsequenzen für die anderen Berliner Unis. Warum wurde er nicht im Kooperationsbeirat abgestimmt?

Daß der Plan Konsequenzen für die anderen Universitäten hat, muß im einzelnen noch geprüft werden. Es ist ein Vorschlag, der aus der Technischen Universität kommt. Ob die anderen Universitäten ihn aufgreifen oder ob sie ihn von vornherein ablehnen, liegt allein in deren Entscheidung.

In der Lehrerbildung müßten FU und HU Ihre Kapazitäten übernehmen.

Was bei der Lehrerbildung fehlt und was von der TU auch nicht geleistet werden kann, ist eine verläßliche Gesamtzahl an Studienplätzen im Land Berlin. Diese Zahl ist im Berliner Hochschulstrukturplan definiert worden. Wenn die alte Zahl bestätigt würde, die sich aus der Gesamtzahl von 100.000 Studienplätzen ableitet, dann folgt daraus die Frage: Wie verteilt man den Anteil an Studienplätzen für die Lehrerbildung über die Universitäten?

Im Moment ist die Realität aber die, daß das, was an Planungssicherheit und damit an Ausstattung zu diesen 100.000 Studienplätzen gehört, nicht existiert. Im Gegenteil, es ist durch die Forderung nach Überprüfung der Doppel- und Mehrfachangebote geöffnet und durch den Sparbeitrag von 146 Millionen nochmals finanziell belastet worden. Entweder ignoriert man das, das ist die eine Verhaltensweise, oder man handelt.

Es war absehbar, daß das Papier im Akademischen Senat nicht mehrheitsfähig sein würde. War es Ihre Intention, die Uni damit von außen unter Druck zu setzen?

Nein. Wie der Akademische Senat sich dazu verhält, war für mich nicht absehbar. Ich habe erwartet, daß er sich inhaltlich mit dem Strukturplan auseinandersetzt.

Wie gehen Sie weiter vor? Kann der Strukturplan nach der Ablehnung im Senat noch Diskussionsgrundlage sein?

Das ist im Moment Gegenstand meiner Überlegungen. Darüber wird spätestens in der nächsten AS-Sitzung zu reden sein. Ich muß die Entscheidung respektieren, die der Akademische Senat getroffen hat, sich mit diesem Strukturvorschlag nicht auseinanderzusetzen.

Nicht allein die Reformfraktion, sondern auch die Sie bislang unterstützenden Liberalen und Konservativen haben gegen den Plan gestimmt. Auch die drei Vizepräsidenten lehnen ihn ab. Müssen Sie nun zurücktreten?

Ich bin überzeugt davon, daß dies eine Handlung zum richtigen Zeitpunkt und mit dem richtigen Ziel gewesen ist, und sehe dadurch keinen Anlaß, zurückzutreten. Interview: Ralph Bollmann