„Wir fordern nur unsere Rechte ein“

■ Seminar: Gewalt heute und in der Literatur vor 150 Jahren

Am Donnerstag wird an der Freien Universität (FU) ein interessanter Versuch unternommen. In einem Hauptseminar über die politischen Dichter des frühen 19. Jahrhunderts, Grabbe, Büchner, Grillparzer und Hebbel, soll ein Bogen geschlagen werden zum Thema Gewalt heute.

Die „Frage der Gewalt“, die sich „wie ein roter Faden durch ihre Texte zieht“, so der Literaturprofessor Gerhard Bauer, stelle sich heute „im weltweiten Maßstab“. So entstand die Idee, Vertreter von „Dipipol“, einer Selbsthilfegruppe gegen Rassismus, einzuladen. „Wir wollen aus der gewissen Enge des vorgegebenen Umfeldes hinausdenken“, beschreibt Bauer die Absicht, nicht nur mehr über die Situation von Immigranten zu erfahren. Es gehe auch um die „Beerbungsperspektive“ 150 Jahre nach Werken wie dem „Hessischen Landboten“ von Georg Büchner.

„Dipipol“, eine Gruppe von Afro-Deutschen und Immigranten aus Äthiopien, der Türkei, Senegal, Sierra Leone, Marokko, Ägypten und Brasilien, hofft auf eine „sachliche Auseinandersetzung“ zum Thema Gewalt gegen Ausländer, so Fatima aus Marokko.

Vor über einem Jahr schlossen sie sich zusammen, um der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit und stillschweigenden Duldung durch einen Großteil der Bevölkerung etwas entgegenzusetzen. Sie wollen nichts weiter als „ihre Rechte einfordern“. Sie wehren sich dagegen, aufgrund eigener negativer Erfahrungen bestimmte Orte und Bezirke in der Stadt meiden zu müssen.

So begaben sie sich im Dezember letzten Jahres in die „Höhle des Löwen“: Sie organisierten ein Konzert in einem Café in Köpenick, wo ein Großteil der Kundschaft als rechtsextrem gilt. Auch wenn nach vielen Vorbereitungsgesprächen nur wenige von denen gekommen waren, mit denen sie sich auseinandersetzen wollten, sind solche Veranstaltungen für Marc ein „Symbol“. Der 35jährige, dessen Mutter Französin und dessen Vater Ägypter ist, fühlt sich zwar manchmal „hilflos gegenüber der allgemeinen Gewalt“. Trotzdem sei es wichtig, daß eine solche Gruppe wie „Dipipol“ existiert. „Das ist auch unsere Stadt“, sagt er, „egal, was die anderen denken, wir sind da. Wir müssen alle zusammenleben und uns kennenlernen.“

Interessenten sind zu dem Seminar eingeladen: Do. 14 Uhr, Rostlaube, Raum L 31/19.

Wer mehr über „Dipipol“ erfahren oder mitarbeiten will: jeden Di. 20 Uhr, Statthaus Böcklerpark Barbara Bollwahn