CDU schleicht um den heißen Brei herum

■ Landesparteitag schiebt Probleme auf / Frauenquote und Fusion kein Thema

Der Regierende Bürgermeister und CDU-Landesvorsitzende Eberhard Diepgen hatte am Samstag offenbar einer anderen Veranstaltung beigewohnt. Wieder einmal, so seine Erkenntnis zum Abschluß des CDU-Parteitages, habe sich die Diskussion durch „Lebendigkeit“ und „Kreativität“ ausgezeichnet. Beschönigende Worte, die selbst einige der 367 Delegierten in der Kongreßhalle am Alex zum Lachen brachten.

Noch wenige Minuten zuvor war durch die Parteitagsregie eine aufkeimende Debatte schnell erstickt worden. Ausgerechnet die Forderung mehrerer rechter Delegierter nach einer generellen Ablehnung der Frauenquote hatte die Führungsspitze für einen kurzen Augenblick in die Bredouille gebracht. Es bedurfte eines donnernenden Machtworts des Fraktionschefs Landowsky, der die Delegierten mit dem Hinweis auf eine negative Medienberichterstattung dazu brachte, sich gar nicht erst mit dem Antrag zu befassen.

„Keine Experimente“ lautete die Devise des Parteitages. Artig hatten die Delegierten Diepgen am Vormittag applaudiert, der sich in seiner Rede mehr Sorgen um den Zustand des Koalitionspartners SPD als um seine eigene Partei machte. Konservative Profilierung stand an vorderster Stelle: Angenommen wurden Anträge zur Inneren Sicherheit, zur Wiederherstellung der Schloßfassade und zur Öffnung des Brandenburger Tores für den Privatverkehr.

Doch wo immer sich Risse zeigten, hatte eine geschickte Parteitagsregie schon im Vorfeld für Entlastung gesorgt. Heiße Eisen, wie die höchst umstrittene Länderfusion oder der Zustand der CDU nach den jüngsten Wahlverlusten am 16. Oktober, wurden ins nächste Jahr verschoben. Nun soll, so ein mit großer Mehrheit angenommener Antrag, zunächst einmal eine Mitgliederbefragung die Stimmung für ein gemeinsames Land Berlin-Brandenburg ausloten und über den Zeitpunkt der Fusion befinden. Der Kreisvorsitzende von Prenzlauer Berg, Andreas Apelt, konnte sich zudem mit seiner Forderung durchsetzen, im Februar nächsten Jahres eine Mitgliederversammlung durchzuführen, auf der die weiteren Schritte zur Abgeordnetenhauswahl diskutiert werden sollen. Der 36jährige zeigte sich gegenüber der taz vom Landesparteitag enttäuscht: „Es ist zuwenig über die CDU selbst geredet worden.“ Der „geballte Unmut“ der Basis werde daher auf der Mitgliederversammlung hochkommen.

Von der brodelnden Stimmung war am Samstag wenig zu spüren. Nur einmal kam Bewegung auf, als die Abgeordnete Cordula Kollotschek sich vehement für die Frauenquote stark machte. Unter Buhrufen der mehrheitlich männlichen Delegierten las sie der eigenen Partei die Leviten: Wenn die CDU nicht für mehr Repräsentanz für Frauen und junge Menschen sorge, „dann weiß ich nicht, wie wir die nächste Wahl gewinnen sollen“. Severin Weiland