Weiter "schwarz-grünes Gequatsche"

■ CDU-Politiker werben für Zusammenarbeit zwischen Union und Bündnisgrünen / Fischer sieht tiefe Gräben und wehrt ab / SPD droht nach Präsidiumswahl mit Konsequenzen im Parlament

Berlin (AP/taz) – Die Wahl von Antje Vollmer zur Bundestagsvizepräsidentin hat eine Debatte um scharz-grüne Bündnisse entfacht. Insbesondere CDU-Politiker umwerben die Bündnisgrünen, während Joschka Fischer die Diskussion als „schwarz-grünes Gequatsche“ bewertet. Weiter verbittert präsentierte sich die SPD, die zugunsten von Antje Vollmer auf einen Präsidiumssitz verzichten mußte.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Horst Eylmann (CDU), nannte die Wahl der Grünen-Abgeordneten einen weiteren Schritt, das Verhältnis zu entkrampfen. Eine Zusammenarbeit auf Bundesebene sei zwar der letzte Schritt. Doch seien Koalitionen auf Länderebene denkbar. Auch Bundesumweltminister Klaus Töpfer sprach sich für „gemeinsame Problemlösungen“ bis hin zur Landesebene aus. Nach Ansicht des saarländischen CDU- Fraktionsvorsitzenden Peter Müller muß sich die Union auch für Koalitionen mit den Grünen öffnen. Wenn sie weiterhin nur die FDP als Partner habe, könne sie „sehr schnell in die strukturelle Minderheit geraten“. Der niedersächsische CDU-Vorsitzende Christian Wulff warnte vor einer Verteufelung der Grünen, mit der die Union auf Dauer keinen Erfolg haben werde. Es gehe jetzt um eine vorsichtige Annäherung.

Demgegenüber widersprach CDU-Generalsekretär Hintze der Auffassung, die Zeit für schwarz- grüne Bündnisse sei reif. Es gäbe auf kommunaler Ebene gute Erfahrungen. Doch sei man in wesentlichen politischen Fragen „Lichtjahre auseinander“.

Auch Joschka Fischer hält ein Bündnis mit der CDU auf absehbare Zeit für unmöglich. Koalitionsfähig sei die Union erst, wenn sie in der Ausländerpolitik die Position von Heiner Geißler vertrete und mit dem Atomausstieg Ernst mache. „Das müßte eine Union sein, die demnach nicht mehr die Union wäre“, sagte Fischer im Spiegel. Die Gräben zwischen CDU und Grünen seien tief.

Auch für die SPD sind die Gräben im Bundestag tiefer geworden. Als Konsequenz aus der Wahl Vollmers will die SPD die Koalition zur permanenten Präsenz im Bundestag zwingen. Sie werde bei Abstimmungen keine Rücksicht mehr auf fehlende Abgeordnete nehmen, sagte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Peter Struck. Wenn die SPD im Bundestag oder in Ausschüssen eine Mehrheit habe, weil Koalitionsabgeordnete fehlten, werde sie ihren politischen Willen durchsetzen.

Den Grünen warf Struck vor, politisch unkalkulierbar geworden zu sein und Macht- und Regierungsbeteiligung um jeden Preis zu suchen. Die Kanzlerwahl werde zur Nagelprobe für die Grünen. Fischer versicherte dazu in RTL, seine Fraktion sei einmütig der Meinung, „daß wir Helmut Kohl nicht zum Kanzler wählen“. Bündnis 90/Die Grünen seien angetreten, den Kanzler zu stürzen. Die SPD spiele jetzt offenbar „ein bißchen beleidigte Leberwurst“.

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