Tyrann aus dem Weg geräumt

■ Geständnis im Mordprozeß / Tochter sexuell mißbraucht

Zitternd betrat gestern Sonja P. (43) den Saal 345 der Jugendkammer. Tochter Evelyn (21) war kurz zuvor in ein Tuch gehüllt in den Saal geflutscht. Die Mitangeklagten Markus W. (20) und El O. (21) wurden direkt aus dem Untersuchungsgefängnis vorgeführt.

Die Anklage liest sich wie ein Action-Thriller, der Vorwurf lautet: Auftragsmord. Evelyn soll mit Wissen der Mutter für 10.000 Mark W. und den Libanesen O. angeheuert haben, ihren indonesischen Vater umzubringen. W. und O. sollen ihrem Opfer in dessen Haus aufgelauert haben. Sie hätten zunächst vergeblich versucht, den Mann mit einem Telefonkabel zu erdrosseln, danach ebenso vergeblich versucht, ihm die Kehle durchzuschneiden und ihn mit Stahlkappenstiefeln getreten. Schließlich hätten sie das Opfer mit einer Plastiktüte umwickelt in der Badewanne ertränkt.

Doch wie so oft in solchen Verfahren referiert die Anklage nur die halbe Wahrheit: Tatsächlich hatte der Indonesier seine Familie seit Jahren tyrannisiert, Frau und Kinder geschlagen, die Tochter sexuell mißbraucht und Ehefrau Sonja vergewaltigt. Irgendwann konnte die Familie es nicht mehr ertragen, der Mordplan entstand.

Markus W. geriet nach eigenen Angaben aus Freundschaft zu Evelyn in die Geschichte: „Wir haben zu Anfang nur in spielerischer Weise darüber geredet.“ Doch am 28. Januar 1994 wurde aus dem Spiel Ernst, als der Indonesier drohte, Evelyn umzubringen. W. und O. fuhren in die Wohnung, um ihm einen Denkzettel zu verpassen – es kam zur Auseinandersetzung. Doch im Verlauf der Rangeleien mit Kabeln und Messern ist laut W. wieder Ruhe eingekehrt: „Wir wollten ihn nicht umbringen. Wir sagten ihm, er solle aus der Stadt verschwinden. Wir wollten ihm das Geld für eine Fahrkarte geben.“

Doch der sei „ausgerastet“ und W. und O. seien „in Panik geraten“. Es sei zum Kampf gekommen, der mit dem Tod in der Badewanne endete. Der Prozeß wird fortgesetzt.

Kai von Appen