Gegen die alten Knaben

■ Streit um den künftigen Kurs der FDP / Junge Liberale gehen auf Distanz zum Parteivorstand Von Uli Exner

Die blaugelbe Fassade bröckelt. Vier Wochen nach der mühsam durchgestandenen Bundestagswahl zeichnet sich in der Hamburger FDP ein kräftiger Krach um den künftigen Kurs der Partei ab. Erste Indizien liefern die Mitglieder der Jugendorganisation „Junge Liberale“ (JuLi). Deren stellvertretender Landesvorsitzender Holger Rahlfs bescheinigte seiner Partei am Wochenende den „Verlust jedes eigenständigen liberalen Profils“ und gab sein Parteibuch zurück.

Während Rahlfs den Kampf aufgibt, ehe er überhaupt richtig angefangen hat, beließ es JuLi-Chef Carsten Hübscher zunächst beim Rücktritt aus dem Landesvorstand der Erwachsenenorganisation und einer heftigen Attacke auf die Parteiführung um den Vorsitzenden Rainer Funke: „Was die FDP Hamburg jetzt dringend benötigt, sind Reformkräfte, die sich nicht in die überkommenen Machtstrukturen einbinden lassen, sondern den Kampf in der Partei aufnehmen.“

Hübscher wirft dem Vorstand der Partei vor, nach der Hamburger Wahlniederlage fällige Reformen mit Verweis auf den Bundestagswahlkampf abgewürgt zu haben. Nach dem Bonner Rettungsakt laute die Devise einmal mehr: „Weiter so“. Personell seien Kreisvorstände und Landesvorstand ausschließlich auf Erhalt von Erbhöfen bedacht. Inhaltlich wage sich die Hamburger FDP nicht an die notwendigen Debatten über die Modernisierung der Gesellschaft, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Reform des Sozialversicherungs- und Steuersystems heran.

Derjenige, gegen den sich die Nachwuchs-Kritik zuerst richtet, mag sich in der Rolle des Reformverhinderers so gar nicht wiederfinden. Landeschef Rainer Funke, zugleich Parlamentarischer Staatssekretär im Bonner Justizministerium, zugleich einziger Hamburger Bundestagsabgeordneter, gibt zwar zu, daß seine Partei derzeit „ein bißchen durch den Wind“ sei. Aber sonst?

„Wir haben den jüngsten Landesvorstand seit Jahrzehnten. Da bin ich doch schon ein alter Knabe,“ weist der 53jährige die „JuLi“-Vorwürfe zurück, das Führungsgremium der Partei sei „verknöchert“. Und in eine Reformdiskussion werde die Hamburger FDP jetzt sehr wohl eintreten. Entsprechende Arbeitsgruppen seien gegründet worden. „Öffnung der Partei auch für Nicht-Mitglieder“ und „Armutsbekämpfung in der Metropolregion“ seien die ersten Schwerpunkte, die man sich gesetzt habe.

Ob die knapp 1700 Mitglieder das ähnlich sehen, wird sich in den nächsten Monaten erweisen. In der FDP stehen Vorstandswahlen an, zunächst auf Kreis-, im April nächsten Jahres auf Landesebene.