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Sieben auf einen Streich

■ Polizeiskandal: Ermittlungen gegen Polizisten eingeleitet / 53 Fälle werden neu aufgerollt / Justizsenator rügt Staatsanwälte Von K. v. Appen

Obwohl die Suspendierungen gegen die BeamtInnen des aufgelösten Einsatzzuges Mitte 1 vorerst zurückgenommen sind, haben sich viele der Vorwürfe gegen Hamburger Polizeibeamte wegen rassistischer Übergriffe bestätigt. So das eindeutige Ergebnis der Sonderkommission „Polizeiskandal“ bei der Hamburger Staatsanwaltschaft, das Justizsenator Klaus Hardraht und Oberstaatsanwalt Manfred Köhnke gestern bekanntgaben.

Nach der Vernehmung von 60 Polizeizeugen, die in der Vergangenheit im Hauptbahnhof-Revier ihren Dienst verrichteten, wurden gegen vorerst sieben Polizisten Verfahren eingeleitet. Staatsanwalt Köhnke zur Zahl der Beschuldigten: „Sie ist nach oben hin offen.“

Die Ermittlungen zielen aber nicht alleine auf BeamtInnen des Einsatzzuges Mitte 1. Köhnke: „Die Vorwürfe richten sich auch gegen Beamte des Einsatzzuges II sowie gegen Revierbeamte und gegen Mitarbeiter der Bereitschaftspolizei.“ Die Ermittlungen der Kommission gestalten sich äußerst schwierig. Ein Teil der Polizisten konnte die Aussage verweigern, weil sie sich der Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht haben könnten. Aussagewillige Polizisten scheuten hingegen Repressalien im Apparat wegen „Verrätertums“. Zudem gebe es „aussageunwillige“ PolizistInnen, die sich noch immer dem „Corpsgeist verpflichtet fühlten“ und „nichts gesehen und nichts gewußt“ haben wollen, so der Sonderermittler.

In einigen Fällen von ausländerfeindlichen Übergriffen seien die Opfer nicht zu ermitteln, weil diese keinen Strafantrag gestellt haben. 140 weitere potentielle Zeugen sollen noch verhört werden, um zu erhellen, was sich im Kirchenallee-Revier abgespielt hat. Mit einer Anklage muß wohl auch Reviereinsatzleiter Christoph St. rechnen, der nach Kollegen-Aussagen mehrmals im Morgengrauen am Hansaplatz Treibjagden auf „Bimbos“ veranstalten ließ.

Auch die zweite Sonderkommission, die „Altfälle“ aufarbeitete, förderte in 53 Fällen von Körperverletzung erhebliche „Nachlässigkeiten“ und Ermittlungsmängel zutage. Als Justizsenator Klaus Hardraht die Akten in den Verfahren Jörg Mehnert und Frank Fennel studierte, sträubten sich dem Behörden-Präses die Haare. Mehnert war Silvester 1990 von Beamten der „16E“-Schicht – damals unter Leitung von St. – zusammengeschlagen, Fennel im Juli 1991 von demselben Trupp in anderer Besetzung mißhandelt worden. Obwohl die Prügelpolizisten bekannt waren, hatte der polizeiinterne Ermittlungstrupp „PS 3“ nur halbherzig gearbeitet und Zeugen „nicht mit der erforderlichen Intensität“ vernommen, so Hardraht. Die Staatsanwälte Marion Zippel und Joachim Dreyer hätten „nicht aktiv genug die polizeiliche Ermittlungsarbeit beanstandet“.

Obwohl beide Ankläger aus der „Abteilung 3“ versetzt werden, wollte Hardraht gestern den „überlasteten“ Mitarbeitern „subjektiv“ keine Schuldvorwürfe machen. Denn viele Einstellungsverfügungen seien von Vorgesetzten oder direkt von der Justizbehörde überprüft worden. Hardrahts Spitze gegen seine SPD-Amtsvorgängerin Lore Maria Peschel-Gutzeit: „Es hat bis Ende vorigen Jahres keine Beanstandungen gegeben.“ Im Dezember 1993 übernahm der parteilose Hardraht die Behördenleitung.

Um künftig ähnliche Vorfälle zu vermeiden, will Hardraht im Senat gegen den Stellenstopp bei der Staatsanwaltschaft mobilmachen: „Der ist nicht aufrecht zu erhalten, wenn nicht schwerwiegende Schäden für die Stadt eintreten sollen.“

(Weitere Berichte Seiten 1 und 2)

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