■ Das Portrait
: S. Bandaranaike

Sri Lankas Premierministerin Foto: Reuter

Als Chandrika Kumaratunga, die neugewählte Präsidentin Sri Lankas, ihre Mutter zur Ministerpräsidentin ernannte, da blickten beide grimmig aneinander vorbei. Doch daß die Vereidigung Sirimavo Bandaranaikes erst gestern stattfand, war offenbar weniger einem Familienkrach als dem Rat der Astrologen geschuldet. Diese hatten gewarnt, daß der ursprünglich dafür vorgesehene Sonntag nicht günstig sei. Und in den letzten Jahrzehnten sind in dem südasiatischen Land so viele Spitzenpolitiker eines gewaltsamen Todes gestorben, daß niemand leichtfertig die Botschaft der Sterne mißachten wollte.

Die Ernennung der 78jährigen zur Regierungschefin gehört zum politischen Plan ihrer Tochter Kumaratunga. Diese hat versprochen, die Vorherrschaft des Präsidentenamtes durch eine Verfassungsänderung zurückzunehmen und statt dessen die Stellung von Regierung und Parlament zu stärken. Die Macht ihres Amtes will Kumaratunga nun nutzen, um diese Reformen durchzusetzen.

Bis dahin, also sieben oder acht Monate lang, soll Bandaranaike Premierministerin bleiben. Wenn dann die Präsidentschaft nur noch einen rein repräsentativen Charakter hat, gibt es einen Tausch: Die alte Dame tritt den Job ihrer Tochter an, und Chandrika Kumaratunga übernimmt den nun entscheidenden Posten der Regierungschefin.

Sirimavo Bandaranaike ist so zum dritten Mal Ministerpräsidentin geworden. Als Witwe des ermordeten Ministerpräsidenten Solomon Bandaranaike gewann sie 1960 die Parlamentswahlen und wurde damit zur ersten Regierungschefin der Welt. Sie zählte in den sechziger Jahren zu jenen PolitikerInnen des Südens, die die politische Unabhängigkeit ihres Landes mit einem Weg des wirtschaftlichen Nationalismus koppelten. Ihre zweite Amtszeit von 1970 bis 1977 endete in einer Wahlniederlage, mit der die Bevölkerung Massenarbeitslosigkeit, galoppierende Inflation und bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen im Land quittierte.

Jahrelang hatte die Politikerin gehofft, ihren Sohn Anura als Erben der Bandaranaike-Dynastie aufbauen zu können. Der aber verließ die Sri Lanka Freedom Party seiner Mutter endgültig im April diesen Jahres und lief frustriert zur damaligen Regierungspartei UNP über. Sirimavo Bandaranaike mußte schließlich akzeptieren, daß ihre Tochter sich durchsetzte. Jutta Lietsch