Liebe Maria, ist das gerecht?!

■ Ein Brief, an himmlische Sphären gerichtet, zur Rettung des bundesweit einzigen evangelischen Feiertags, des Buß- und Bettags

Liebe Maria,

findest Du es gerecht, daß die Politiker ab nächstem Jahr einen christlichen Feiertag einfach so abschaffen? Den einzigen evangelischen Feiertag, der bundesweit arbeitsfrei ist. Die Synode der Evangelischen Kirche hat kürzlich die Streichung als „Skandal“ bezeichnet, und in Hamburg ist seit vorgestern das „Senatorengestühl“ im Michel mit lila Tüchern verhängt. Aus Protest. Auf daß sich die Politiker andere Möglichkeiten überlegen, die Pflegeversicherung zu finanzieren. So haben wir uns die Trennung von Staat und Kirche nicht vorgestellt, schon gar nicht im Norden von Deutschland. Dort gibt es eh fünf christliche Feiertage weniger als in Bayern, vier weniger als in Baden-Württemberg. Dafür soll den Schwaben nun der Pfingstmontag gestohlen werden. Aus christlicher Perspektive ist das zwar eher zu verstehen als die Abschaffung des Buß-und Bettages, aber aus Arbeitnehmersicht ist auch dies eine große Gemeinheit.

Liebe Maria, ist es nicht unerhört, daß die Sozialklempner in den Landesregierungen sich keinen Deut um protestantische Traditionen kümmern? Sonst wüßten sie, daß es bis 1893 in 28 deutschen Ländern 47 verschiedene Bußtage gab, an denen die Christen ihr gestörtes Verhältnis zu Gott durch Beten und Fasten in Ordnung bringen konnten. Dieses Durcheinander beendete das preußische Landesgesetz. Bis auf Bayern einigten sich später alle Länder darauf, den Mittwoch vor dem Totensonntag zum Büßen und Besinnen zu nutzen. Denn am Totensonntag beginnt das neue Kirchenjahr und damit ein neues Jahr voller Versuchungen und Sünde.

Diesen Kreislauf ruinieren jetzt die Modernisten: Statt stiller Einkehr soll Mehrwert geheckt und Steuer abgeschöpft werden. Liebe Maria, sag doch Deinen Katholen, die weiterhin Deine Himmelfahrt feiern dürfen, daß diese Profanität von Übel ist. Wenn die Sozialrechnung nämlich nicht aufgehen sollte, sind irgendwann auch die katholischen Tage dran. Das geht dann doch wirklich zuweit, oder?

Deine Anita (Kugler)