Zwischenlager im Schlafsack

■ Susanne Kamien von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg lädt bundesweit zu Aktionen gegen den Castor-Transport ein

taz: Ist die erste Einlagerung von abgebrannten Brennstäben in Gorleben noch zu verhindern?

Susanne Kamien: Wir in der Bürgerinitiative sind guter Hoffnung. Die Unterstützung für uns wächst. Immer mehr junge und alte Menschen wollen sich gegen den Castor querstellen.

Die Bürgerinitiative bezweifelt sogar, daß der Castor überhaupt losfährt.

Natürlich. Es geht nicht darum, den Castor-Transport zu behindern, sondern darum, ihn zu verhindern. Und dafür haben wir noch ein paar Tage Zeit. Jetzt mobilisieren wir für die Aktionen am Wochenende. Dazu laden wir bundesweit ein. Dabei geht es um die Bahnstrecke zwischen Pudripp und Dannenberg. Wir wollen da am Samstagmorgen einen gemeinsamen Bahnspaziergang machen.

Wie sollten Auswärtige die Reise ins Wendland vorbereiten?

Sie sollten ihren Schlafsack mitbringen, sich darauf einrichten, daß sie hier eventuell ein paar Tage länger bleiben, und sie sollten sich auf gewaltfreie Aktionen einstellen. Daß man sich wetterfest anzieht, wäre auch zu empfehlen.

Offenbar ist die Ankunft des Castor-Behälters in Dannenberg ja für die Nacht geplant. Der Behälter solle am kommenden Donnerstag nachts um zwei eintreffen, war jüngst zu hören.

Ein anderes Gerücht sagt, er solle an diesem Tag erst am AKW Philippsburg abfahren. In jedem Fall sind wir es gewohnt, bei jedem Wetter auf die Straße zu gehen, auch wenn es kalt, dunkel und ungemütlich ist.

Sollen möglichst viele AKW- Gegner, die nicht im Wendland wohnen, zu euch anreisen? Oder rechnet ihr auch mit Unterstützung an anderen Orten?

Wir haben per Zeitungsannonce Schlafplätze beschafft. Wenn der Ansturm riesig wird, dann werden uns Gaststätten Säle zur Verfügung stellen und Kirchen ihre Gemeindehäuser. Aber beim Anreisen muß man unterscheiden. Für AKW-Gegner, die sehr weit entfernt wohnen, ist es wahrscheinlich sinnvoller, bei sich zu Haus eine Aktion vorzubereiten.

Hofft ihr nicht, daß es während des Bahntransports von Philippsburg nach Dannenberg zu Verzögerungen kommt?

Sicherlich.

Wie steht ihr zu den massiven Behinderungen des Bahnverkehrs, die es am bereits rund um Hannover gegeben hat?

Die Aktionen haben gezeigt, daß in der Bundesrepublik auch Atommülltransporte auf der Bahn nicht sicher sind, daß sie auch verunglücken können. Dabei ist das, was am Montag geschehen ist, noch sehr glimpflich gewesen. Wenn es tatsächlich zu einem Transportunfall kommen sollte, dann sieht es weit verheerender aus. Aber wie gesagt: Wir sind gegen den Transport überhaupt. Und wir wollen keine Aktionen, durch die der Transport gefährdet werden könnte.

Ist eine Konfrontation am Tag X noch zu vermeiden?

Im Jahre 1979 hat der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht eingestehen müssen, daß eine Wiederaufarbeitungsanlage im Landkreis Lüchow-Dannenberg politisch nicht durchsetzbar ist. Wir wollen, daß es Anfang nächster Woche heißt: Der Castor-Transport ist politisch nicht durchsetzbar. Dann wäre jede Konfrontation vermieden. Interview: Jürgen Voges