Körperverletzung mit Todesfolge, kein Mord!

■ Im Kaindl-Prozeß sind die Urteile gesprochen

Berlin (taz) – Im Prozeß um die Tötung des rechtsradikalen Politikers Gerhard Kaindl verurteilte das Berliner Landgericht am Dienstag drei der ursprünglich sieben Angeklagten zu je drei Jahren Gefängnis. Gegen den 21jährigen Bazdin Y. wurde eine Jugendstrafe von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt. Die 22jährige Fatma B., die einzige Frau unter den Angeklagten, wurde wegen Beihilfe zu einem Jahr und drei Monaten Jugendstrafe mit Bewährung verurteilt. Erkan S., der sich im November 1993 der Polizei gestellt und damit eine Welle von Verhaftungen ausgelöst hatte, wurde vom Gericht für schuldunfähig – weil schizophren – erkannt und nicht verurteilt. Der Angeklagte Abidin E. war bereits vor Wochen entlassen worden, nachdem er elf Monate unschuldig in U-Haft gesessen hatte.

Die Angeklagten wurden wegen Körperverletzung mit Todesfolge und Beteiligung an einer Schlägerei verurteilt. Die Anklage wegen „gemeinschaftlich begangenen Mordes“ aus „politisch motiviertem Haß“, mit der die Staatsanwaltschaft im September den Prozeß eröffnet hatte, war bereits nach wenigen Verhandlungstagen zusammengebrochen. Die Aussagen, die der kranke Erkan S. gegenüber dem Staatsschutz gemacht hatte, erwiesen sich als unverwertbar. Die Verteidiger sowie die zahlreichen Unterstützer der Angeklagten hatten dem Gericht immer wieder vorgeworfen, mit offensichtlich manipulierten Vernehmungsprotokollen des Staatsschutzes einen „Schauprozeß“ gegen sieben mißliebige Antifaschisten geführt zu haben. Das Gericht wies dies zurück. Der Kaindl-Prozeß sei kein politischer Prozeß, sondern ein Prozeß um die Tötung eines Menschen gewesen, betonten die Richter. Kaindl war im April 1992 bei einem Überfall von überwiegend türkischen Antifas in einem China-Restaurant im Berliner Stadtbezirk Neukölln hinterrücks erstochen worden. Der Hauptverdächtige für die tödlichen Stiche ist allerdings nach wie vor flüchtig.

Jeannette Goddar Seite 4