„Wir sollten mal was Größeres machen“

■ Drei Kugeln in der Waffel: Niebüll auf den Spuren Atlantas – auf dem Weg zur Olympia-Stadt des Jahres 2004 / Im Verladebahnhof ist man sicher: „Was die können, können wir auch!“

Was Atlanta 1996 und Sydney vier Jahre später kann und was Berlin nicht darf, das will Niebüll im Jahr 2004: Olympische Spiele ausrichten. In der Kleinstadt – 6700 Einwohner –, die größeren Kreisen der Bevölkerung vor allem als Verladebahnhof auf dem Weg nach Sylt bekannt ist, hat sich eine Initiative gegründet, die die Sommerspiele in zehn Jahren nach Nordfriesland holen will.

„Wir sollten mal was Größeres machen“, hatte eine Handvoll Niebüller Geschäftsleute am 1. April verabredet. „Wie wär's mit Olympia 2004?“ Was als Aprilscherz begann, zieht nun weite Kreise. Atlanta. Sydney. Niebüll!

Schon im Mai schickte das „Olympische Komitee Niebüll“ unter der Leitung des Rosenzüchters Johannes Boysen eine förmliche Bewerbung an das Nationale Olympische Komitee (NOK): „Unser Vorbild war Lillehammer. Was dieser kleine Ort auf die Beine gestellt hat, können wird auch.“ Das NOK antwortete freundlich, bot Akteneinsicht zur verpatzten Olympia-Bewerbung Berlins an.

Davon ließ sich Boysen allerdings nicht entmutigen. „Wie würden wir denn jetzt hier dastehen, wenn wir uns zurückziehen würden. Die Leute wachen langsam auf“, sagte der 43jährige Boysen der dpa. Auch in Lillehammer seien die in diesem Jahr ausgetragenen Winterspiele zunächst nicht mehr als die Schnapsidee eines Hoteliers gewesen. „Die Geldgeber fehlen uns zwar noch, aber wir haben vielversprechende Kontakte zu Siemens und VW“, berichtete der Kleinunternehmer. Doch wie Berlin sieht sich auch das Niebüller OK mit ersten Protesten konfrontiert. „Es gibt viele Leute, die befürchten, daß die Mieten und das Bier teurer werden“, so sorgt sich auch Boysen.

Nordfriesische Olympia-Anhänger aber tragen inzwischen T-Shirts und Buttons mit dem Emblem der Bewerbung: Weil die fünf olympischen Ringe als Warenzeichen geschützt sind, begnügt man sich allerdings einstweilen mit drei olympischen Eiskugeln in einer Waffel. Fünf Kugeln, so stellten die Designer enttäuscht fest, paßten leider nicht hinein.

Die Organisatoren gestehen ein, daß Niebüll bislang nicht über allzuviele Sportanlagen verfügt, die olympischen Ansprüchen genügen. Aber: „Platz für Stadien haben wir hier ohne Ende.“ Rosenzüchter Boysen verteidigt die Bewerbung mit einem Blick auf die weiten Marschen. Das Versprechen: ein Olympia der kurzen Wege.

Das Problem: Ebbe und Flut. „Mal ist die Nordsee da, mal ist sie weg,“ klagt der zweite Vorsitzende Thorsten Johannsen. Was trotz Küstennähe vor allem bei den Segelwettbewerben zu Organisations-Nöten führen könnte.

Günter Schulz, dpa