SPD an FDP: „Die Mängel sind bekannt“

■ SPD-Sprecher Detmar Leo kritisiert Mittelstands-Politik des FDP-Wirtschaftssenators

Kernstück des Sanierungsprogramms für Bremen sollte die Stärkung der Wirtschaftskraft sein. Aber Bremens große Industrie - Werften, Auto, Stahl, Rüstungs-High-Tech - kriselt, alle Hoffnungen richten sich auf die mittelständischen Unternehmen.

Sehr empfindlich muß daher die FDP reagieren, wenn die Frage gestellt wird, was denn das FDP-geführte Ressort „Wirtschaft, Mittelstand und Technologie“ für den Mittelstand getan habe in den drei Jahren, seitdem die politische Verantwortung den SozialdemokratInnen aus der Hand genommen wurde. Eine „Kampagne von politischen Gegnern“ sei die Kritik an Mittelstands-Senator Jäger, beschwert sich die FDP.

Völlig zu Recht: Der wirtschafts politische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Detmar Leo, hat gestern nachgelegt und sich damit zu der Kritik bekannt. „Tatsächlich ist die eigentliche Mittelstandsförderung über den dafür vorgesehenen Mittelstandsfonds relativ dürftig“, formulierte Leo. Im Jahre 1994 seien „nur sehr wenige Maßnahmen“ über diesen Mittelstands-Fonds abgewickelt worden. Im Jahre 1992 waren es ganze 2 (in Worten: zwei), im Jahre 1993 sechs. Der Bericht über die Mittelstands-Förderung in den Jahren 1992/3 macht zudem deutlich, daß die Kriterien, nach denen die Förderung gezahlt würde, falsch formuliert sind:

„Förderungen von Existenzgründungen an besonderen Standorten“ werde nur geringfügig in Anspuch genommen, resumiert der Bericht, das Programm „Entwicklung neuer Produkte und neuer Produktionsverfahren“ und das Programm „Verminderung der Vermeidung von Umweltbelastungen“ sei überhaupt nicht angenommen worden.

Der Bericht über die Jahre 1992/93 kommt auf ein grundsätzliches Problem: Für jeden neu geschaffenen Arbeitsplatz darf eine Investition mit 200.000 Mark gefördert werden, Investitionen werden nur bis zu 2 Millionen gefördert. Tatsächlich dienen die meisten größeren Investitionen aber der Rationalisierung und können demnach überhaupt nicht gefördert werden. Der vertrauliche Bericht des Wirtschaftssenators über sein eigenes Mittelstandsprogramm: „als Investitionsanreiz von geringem Wert“. „Mitnahmeeffekte“ kann die Wirtschaftspolitik für sich aber nicht als „Erfolg“ verbuchen.

Und was ist seitdem passiert, fragt der SPD-Wirtschaftspolitiker? Die Antwort kennt jeder, der die Zeitung liest: Viele Ankündigungen des Wirtschaftssenators, eigentlich passiert ist nichts.

Der SPD-Politiker Detmar Leo, der auch Sprecher der Wirtschafts-Deputation ist: „Die Mängel sind hinlänglich bekannt“, und das seit dem Mürz 1994 sogar höchst offiziell aus der Feder der Ressort-Beamten, wenn auch vertraulich.

Leo geht davon aus, daß der Wirtschaftssenator sein Mittelstandsförderungsprogramm überarbeitet und eine „Neufassung“ vorlegt. Aus SPD-Sicht, könnte auf den Mittelstands-Fonds sogar ganz verzichtet werden, wenn die Mittelstandsförderung „Querschnittsaufgabe“ für alle Förderprogramme würde. Das könnte „mehr Wirkung erzielen“.

Auf deutsch: Der ganze Ansatz, für den der FDP-Senator sein Ressort auch umbenannt hatte, um sein offenes Ohr für den Mittelstand zu dokumentieren, war ein Flop. Der Zeitpunkt, an dem der SPD-Politiker diese Debatte eröffnet, ist delikat: Im Herbst will die FDP um ihr politisches Überleben im hiesigen Landesparlament kämpfen. K.W.