■ Das Portrait
: Claudia Nolte

Der Jugend Vertrauen und Verantwortung. Kanzler Kohl macht es vor und beruft die 28jährige Thüringerin Claudia Nolte aus der parlamentarischen Hinterbank in die erste Reihe. Daß die Bauingenieurin als Chefin des neugebildeten Puzzleressorts Frauen, Jugend, Familie und Senioren ins Kabinett einziehen wird, ist selbst für die thüringische CDU eine Überraschung. Und für den sächsischen Landesfürsten Kurt Biedenkopf erst recht: Zu gern hätte er einen oder eine aus seinem Vertrautenkreis an des Kanzlers Tisch gewußt. „Angesichts des Beitrags, den die Sachsen zur erfolgreichen Wahl des Bundeskanzlers geleistet haben“, sollte in Biedenkopfs Namen neben der Mecklenburgerin Angela Merkel „die weitere Repräsentation des Ostens aus Sachsen kommen“. Aber der Stallgeruch allein adelt nicht. Mit Claudia Nolte hat der Bundeskanzler die bequemere Wahl getroffen: Vorzeigefrau aus dem Osten und lernfähiger Politneuling.

Die Lebensschützerin Foto: AP

Die gebürtige Rostockerin hat an der Technischen Hochschule in Ilmenau Kybernetik studiert und war dort ab 1990 wissenschaftliche Mitarbeiterin. Zur Wendezeit ging sie ins Neue Forum, 1990 in die CDU und als Abgeordnete in die erste frei gewählte Volkskammer. Von dort wechselte sie in den ersten gesamtdeutschen Bundestag. Ihr damaliges Wahlergebnis konnte sie bei der jüngsten Bundestagswahl als Direktkandidatin im Wahlkreis Ilmenau/Schmalkalden sogar noch verbessern. Die verheiratete Katholikin leitete die Arbeitsgruppe Frauen und Jugend im entsprechenden Bundestagsausschuß und den CDU-Landesfachausschuß für Jugend, Sport und Familie. Aufgefallen ist sie dort jedoch kaum. Bonner Insider beschreiben sie immerhin als „durchaus durchsetzungsfähig“. Ein Mitarbeiter lobt die frauen- und jugendpolitische Sprecherin der CDU-Bundestagsfraktion als „sehr fröhlichen Menschen“.

So unbekannt Claudia Nolte auf den Bonner Fluren auch bisher sein mag, für die Initiative „Frauen gegen den Paragraph 218“ ist der Name längst ein Begriff. Die aktive Lebensschützerin hat bereits vor der Bundestagsdebatte über Schwangerschaftsabbruch in der christlichen Zeitschrift Leitbild härtere Bandagen gefordert. Der Staat müsse „die Traute haben“, Frauen, die sich für einen Abbruch entscheiden, zu bestrafen und, so der Vorschlag der fröhlichen Parlamentarierin, zur „Wiedergutmachung“ für ein Jahr in Krankenhäuser zu verpflichten. Detlef Krell