Bio-Bau-Branche boomt beachtlich

■ Öko-Baustoffe verlassen die Naturkostläden und erobern die Baumärkte / Fachhandel in Berlin gelassen: Beratung zählt

Wenn sich Heimwerker an das Verkaufspersonal großer Baumärkte wenden, erhalten sie meist keine oder falsche Auskünfte. Was Berliner schon oft merkten, haben nun auch Testeinkäufer der Hamburger Verbraucher-Zentrale festgestellt. Als sie sich nach dem Einbau von Dämmstoffen erkundigten, wurden sie nicht einmal vor den Gefahren der krebsverdächtigen Mineralfasern gewarnt.

Wilfried Bobles, Inhaber des Ökohauses Am Neuen Weg in Hamburg, ist auf solche Baumärkte gar nicht so schlecht zu sprechen: Sie schicken ihm Kunden, die zu viele Fragen stellen. Angst davor, daß die Großen eines Tages auf die Öko-Schiene aufspringen und damit die Existenz seines Geschäfts gefährden könnten, hat er nicht. Er könnte sich irren. So führt das Öko-Zentrum NRW in Hamm bereits Verhandlungen mit einem der Größten der Branche über ein Pilotprojekt: Ein Öko-Baumarkt mit Vollsortiment vom Schraubenzieher über Baustoffe bis hin zur Toilettenschüssel soll entstehen. Ein Problem ist noch die Finanzierung von acht bis zehn Millionen Mark. Das Geld dürfte gut angelegt sein. Bereits jetzt legen 35 Prozent der privaten Häuslebauer Wert auf ökologische Belange. Wolfgang Güse von „Biofarben“ in der Pariser Straße in Charlottenburg sieht keine Gefahr, daß die Baumärkte den Wünschen dieser Kunden gerecht werden könnten: „Baumärkte bieten einfach nicht die erforderliche Beratung.“ In Berlin habe noch kein großer Heimwerkermarkt, was er verkaufe: „Biologische Produkte, denen wirklich keine chemischen Stoffe zugesetzt sind, und deren Bestandteile voll deklariert sind.“

Seiner Erfahrung nach achten die Hersteller darauf, daß die umweltfreundlichen Produkte „nicht verramscht“ werden. Daß auf Dosen und Packungen dennoch der Aufdruck „Bio“ zu finden sei, liege daran, daß der Begriff nicht geschützt ist: „Das beste Beispiel sind Wasserlacke, die mit zu den giftigsten Farben gehören. Es ist falsch, sie als umweltfreundlich zu bezeichnen, nur weil auf Lösungsmittel verzichtet wird.“

Von solch faulen Kompromissen wollen viele Kunden nichts mehr wissen. Für umweltfreundliches Bauen sagt eine Studie von Christophers Market-Research sogar Wachstumsraten von jährlich 25 Prozent voraus – und das für die nächsten fünf bis sieben Jahre. Darauf setzt auch das Centrum für Baubiologie und Ökologie (CeBÖ) am Schöneberger Rathaus. „Wir messen die Belastungen in Wohnräumen, bieten Informationen, renovieren, restaurieren und verkaufen die entsprechenden Produkte“, preist Margit Koester selbstbewußt die Vorteile an: „Da ist alles unter einem Dach.“ ca/Peter Hermes-ötm