Guten Morgen, liebe Sorgen...

■ Mit Formaldehyd in der Bettwäsche beginnt der Tag schon giftig / Öko-Test fand selbst bei teuren Stoffen viel Dreck / Bezüge sind obendrein oft schlecht verarbeitet

Geschwollene Augen, eine verstopfte Nase – für viele beginnt der Tag regelmäßig mehr als unerfreulich. Grund sind oftmals Allergien gegen einzelne Fasern in der Bettwäsche. Die Umweltberater der Berliner Verbraucherzentrale am Wittenbergplatz sind damit regelmäßig konfrontiert. Sie halten – wie andere Beratungsstellen auch – Faltblätter und Informationsbroschüren bereit. Das Öko-Test-Magazin wollte wissen, wie es bei der Herstellung und mit möglichen Giftstoffen aussieht.

Bei der Produktion hat sich in den letzten Jahren viel getan: Früher waren in den Textilfabriken noch Benzidin-Farbstoffe im Spiel. Seit sie als Ursache für Blasenkrebs bei Arbeitern in den Farbenfabriken identifiziert wurden, sind sie in der Bundesrepublik verboten. Zudem werden die Anlagen moderner.

Wie an einer Tankstelle hängen schwarze Schläuche von 72 blassen Farbstoffkanistern. Doch kein Mensch zapft ihren Inhalt in die Bottiche daneben. Der Computer weiß, was in der Farbküche der Textildruckerei Prinz in Augsburg zu tun ist. Eine Tonne fährt über ein Rollband unter den Abfüller; die Farben fließen hinein. Ein metallischer Rührer fährt in den Eimer und vermischt den puren Farbstoff mit dem Verdickungsmittel zur gewünschten Paste. Heinrich Oberndorfer, Laborleiter bei Prinz, lobt: „Da gibt es kein Verwiegen mehr und fast keine Reste.“ Früher seien Farbansätze oft so hoch dosiert worden, daß sie in jedem Fall reichten – weil ein neuer Ansatz immer wieder die Gefahr einer Farbabweichung barg. Unnötige Farbreste und die Gefährdung der Arbeiter gehören also der Vergangenheit an, doch was ist mit den Schlafenden?

Öko-Test hat jetzt 15 hochpreisige Bettwäschegarnituren untersucht. Krebserregende Farbstoffe fand das Frankfurter Magazin nur noch in Spuren. Gesundheitsschädliche Chlorphenole und Glyoxal, das die Nierenfunktion stören und Haut und Augen reizen kann, entdeckte das Labor nicht.

Dennoch empfiehlt Öko-Test nur zwei Garnituren uneingeschränkt (Alb Natur, Hess Natur Biberbettwäsche), neun sind „nicht empfehlenswert“. Die Gründe, die zur Abwertung führten, sind vielfältig. In elf Produkten wurde Formaldehyd aufgespürt. Es steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Zudem waren in sieben Bettbezügen Reste optischer Aufheller zu finden. Halogenorganische Verbindungen (AOX), die auf eine Behandlung mit Chlor, mit halogenierten Farbstoffen oder mit Imprägnierungen hinweisen, fanden sich in sechs Produkten. Schwermetalle gab es nur in Spuren. Lediglich zwei Produkte wurden wegen zu hoher Nickel- oder Kupferwerte abgewertet.

Die Ausstattung läßt meist ebenfalls zu wünschen übrig. Ob Reißverschlüsse oder Knöpfe – Plastik kommt regelmäßig ans Gewebe. Blieben zwei Anbieter übrig, die eine der vielen Alternativen wählten: Hess Natur näht Knöpfe aus Steinnuß an die Bezüge, die Wäsche von Alb Natur wird mit Vulkanfieber-Knöpfen verschlossen. Sie sind aus Altpapier, das zunächst in Wasser gelöst und dann unter extremem Druck und Hitze gepreßt wird. Sie überstehen problemlos viele Wäschen.

Das ist nicht zuletzt wichtig, weil Öko-Test rät, Kissen und Bezüge vor der ersten Benutzung mehrmals in die Maschine zu werfen. So kann der Gehalt an AOX in drei Wäschen um zwei Drittel reduziert werden. Schlafen gehört zu einer der genußvollsten Beschäftigungen der Deutschen. Doch es steht zu befürchten, sie sind dabei eher auf Dornen als auf Rosen gebettet. ca/Monika Kappus-ötm