Kein HipHop aus der Uni

■ Die auch noch: Freie Universität will eigenen Radiosender / Kein Radio von Studenten für Studenten, sondern von Akademikern und Profis für - ja, für wen?

Als die Alliierten im Sommer feierlich aus Berlin abzogen, nahmen sie ihre Radiosender gleich mit. Auf deren Frequenzen wird künftig dennoch keine Funkstille herrschen, da Bewerber für die Nachfolge bereits Schlange stehen. Neben großen privaten Profis, wie etwa „Kiss-Radio“, bewirbt sich auch ein Neuling im Mediengeschäft: die Freie Universität (FU). Am 21. November will der Landesmedienrat über die Vergabe beraten. Sollte die Universität mit ihrem Konzept im Medienrat Anklang finden, wäre Berlin die erste Stadt im Bundesgebiet mit einem unabhängigen Uni-Radiosender. Die Chancen stehen nicht schlecht, da diese Idee Unterstützung quer durch alle Fraktionen im Abgeordnetenhaus findet. Ungesichert ist dagegen noch die Finanzierung des Senders.

Wer allerdings ein College-Radio nach amerikanischem Vorbild erwartet, dürfte vom FU-Konzept enttäuscht sein. Statt jungen Studis, die ihre Lieblings-Independent-Platten auflegen, soll das Mikrofon weitgehend den Akademikern überlassen bleiben. „HipHop wird bei uns nicht gespielt“, meint Christian Walther, Pressesprecher der FU. Statt eines „von Studenten für Studenten“ konzipierten Programms schwebt den Planern von der FU ein „professioneller, hochwertiger Informationskanal“ vor. Einige festangestellte Tutoren mit Zweijahresverträgen werden das Programm gestalten. Für die „Sicherung des Qualitätsstandards“ sollen, so Walther, eine Handvoll Radio-Profis sorgen. Studis dürfen erst ans Mikrofon, wenn sie zuvor entsprechende Lehrveranstaltungen besucht haben.

„Fachleute aus dem Universitätsbetrieb“ sollen von den Moderatoren zu aktuellen Schwerpunktthemen befragt werden. Walther nennt als Beispiel: „Wenn Pest- Vorfälle in Indien das aktuelle Diskussionsthema sind, wird uns ein Professor der Medizinischen Fakultät beispielsweise über Übertragungswege der Seuche informieren.“ Unbeantwortet bleibt jedoch die Frage, wie sich ein Universitätsbetrieb, der sich vor allem durch chronisch leere Geldtöpfe auszeichnet, gerade den Luxus eines eigenen Radiosenders leisten soll: „Dem Medienrat konnte die FU bis jetzt noch kein schlüssiges Finanzierungskonzept vorlegen“, meint Ingeborg Ludwig, Rechtsreferentin in der Landesmedienanstalt.

Der Illusion eines 24-Stunden- Programms gibt sich auch Christian Walther von der FU nicht hin. „Realistisch ist lediglich ein Fenster-Konzept, das uns einige Stunden täglich auf der Frequenz eines anderen Senders zur Verfügung stellt.“ Im Gespräch dafür sind „Voice of America“ und „Radio France International“, das amerikanische beziehungsweise französische Pendant zur „Deutschen Welle“ – beide wollen als Nachfolger der Alliiertensender nach Berlin. Um eine Beteiligung der finanzschwachen FU an ihren Frequenzen reißt sich jedoch keiner der beiden. Den Vorschlag, zwischen beiden Sendern hin- und herzuspringen, lehnt die FU ab. Christian Walther: „Wir haben nicht vor, einen Wanderzirkus zu eröffnen.“ Die größeren Sympathien hegt die FU gegenüber „Voice of America“. Obwohl der Sender dem amerikanischen Außenministerium unterstellt ist und damit einem offiziellen Regierungsorgan entspricht, sei er am ehesten dazu geeignet, „die FU-Tradition deutsch-amerikanischer Freundschaft“ (Walther) fortzuführen. Ob sich die FU dann doch noch mit dem amerikanischen HipHop anfreunden wird? Noäl Rademacher