: Eigentor der hessischen Grünen
■ Am Frankfurter Flughafen dürfen wieder Bäume gefällt werden: Jetzt müssen sie einem Luftfrachtzentrum weichen
Frankfurt/Main (taz) – Wieder werden im Mönchbruchwald am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen Bäumer gefällt – wie vor 13 Jahren beim Bau der Startbahn 18 (West). Aber diesmal haben auch die Grünen zugestimmt, wenn auch nur aus Versehen. Am Donnerstag hat der hessische Superminister Jörg Jordan (SPD), im rot- grünen Kabinett zuständig für Landesentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz, das Raumordnungsverfahren für ein neues Luftfrachtzentrum namens „Cargo-City-Süd“ zum Abschluß gebracht. Das Projekt ist zwar zwischen den Koalitionspartnern umstritten, eine Regierungskrise ist jedoch nicht zu befürchten.
Dem Baubeginn steht nichts mehr im Wege. „In wenigen Tagen“, sagt Minister Jordan, werde der dafür zuständige Regierungspräsident die Baugenehmigung erteilen. Das neue Projekt sei ohnehin mit dem Bau der Startbahn West nicht zu vergleichen. Damals mußten 200 Hektar Wald gefällt werden – heute seien es nur 30 Hektar. Es könnte schon weniger sein. Alternativen zum jetzt gewählten habe es innerhalb der Begrenzung des Flughafengeländes jedoch nicht gegeben. Und außerhalb des der Frankfurter Flughafen AG (FAG) gehörenden Areals dürfe nach den rot-grünen Koalitionsvereinbarungen von 1991 nichts mehr gebaut werden, zitiert Jordan süffisant den hessischen Koalitionsvertrag.
Würde das Frachtzentrum außerhalb dieses politischen Areals gebaut, müßten nur 12 Hektar Wald gefällt werden. Der Sozialdemokrat weiß, daß die Bündnisgrünen, die sich klar gegen den Bau von Cargo-City-Süd ausgesprochen haben, mit der von ihnen gewollten Beschränkung der Ausbautätigkeiten auf das FAG-Gelände vor knapp vier Jahren ein Eigentor geschossen haben.
Weil die Bündnisgrünen vertragstreu bleiben wollen, müssen sie heute die Kröte schlucken. Denn auch der von ihnen als Ausweg vorgeschlagene Standort auf dem Gelände der US-Air-Base wurde von der SPD mit dem Verweis auf „ökologische Bedenken“ nicht beschritten. „Fast alles verseucht“ lautet das Fazit von Jordan und Wirtschaftsminister Lothar Klemm (SPD) nach Abschluß der Bodenuntersuchungen auf dem Gelände der US-Streitkräfte, die ihre Einrichtungen dort „in naher Zukunft“ räumen wollen. Und auf den noch nicht einmal 10 Hektar zusammenhängender, unverseuchter Fläche, rechnen die Sozialdemokraten vor, lasse sich nun mal kein Frachtzentrum von der geplanten Dimension errichten.
Für die SPD drängt die Zeit, denn die Landtagswahlen stehen vor der Tür. Den Verweis auf die angeblich 6.000 neuen Arbeitsplätzen wollen sie für den Wahlkampf nutzen. Für den Fraktionsvorsitzenden der SPD im hessischen Landtag, Armin Clauss, ist der Flughafen der wichtigste Arbeitgeber der Region.
Anders als ihre Landtagsfraktion kündigen die Bündnissgrünen im betroffenen Kreis Groß- Gerau Widerstand an. Der geplante erneute Einschlag von Wald sei ein „Schritt in die falsche Richtung“ hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Kreisvorstand und Kreistagsfraktion: „Mit uns fällt kein Wald.“
Massenproteste wie zu Anfang der achtziger Jahre gegen den Bau der Startbahn West erwarten allerdings weder sie noch die Regierenden in Wiesbaden. Seit den Todesschüssen auf zwei Polizisten an der Baustelle im Jahr 1987 sei die „Bewegung mausetot“, hieß es schon am 10. Jahrestag der Inbetriebnahme der Startbahn West. Klaus-Peter Klingelschmitt
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