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Castorf als Funker

■ Der Chef der Berliner Volksbühne versucht sich im ORB als Radio-Talker

Den Namen des Überraschungsgastes verrät er gleich am Anfang. Das sei der Dilettantismus, meint er. Frank Castorf, ewig jugendlicher Chef von Berlins Kulttheater Volksbühne und großer Theaterverweigerer, sitzt jetzt als Macher vor dem Mikrofon. Es klang zunächst ein bißchen altbacken flapsig und privat nach selbstverwaltetem Radio, aber daran gewöhnte man sich schnell.

Mit Walter Momper und Johann Kresnik sprach Castorf über Volksbühnenpolitisches: Wie kommt es, daß der als Kommunist umstrittene Tanztheater-Regisseur Kresnik an die Volksbühne geholt werden konnte? Und was ist davon zu halten, daß dieser ausgerechnet am 30. Dezember, dem 80. Geburtstag des Volksbühnenhauses, ein Projekt über den antidemokratischen Schriftsteller Ernst Jünger zur Premiere bringt?

Effektvolle Volksbühnenwerbung, die aber nie in Interna steckenblieb. Zwischendrin wurde Laibach eingespielt, „Slowenische Neue Kunst“ mit „Gebt mir ein Leitbild“, und während der Diskussion über das Bedürfnis nach Leitbildern erschloß sich auch der kryptische Titel der Sendung: Castorfs Vater war Eisenhändler und überlebte Stalingrad. Als lebensnotwendiges und lebensbedrohliches Material ist Eisen wohl die sehr persönliche Metapher für Castorfs Themen.

Der ORB hat da einen klugen Griff getan, zumal nicht damit zu rechnen ist, daß jedesmal nur getalkt wird – die notorische Offenheit der Volksbühne wird dem Intendanten auch im neuen Medium Verpflichtung sein. Petra Kohse

„Castorf der Eisenhändler“, jeden ersten Freitag im Monat, 23 Uhr, live auf Radio Brandenburg

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