Neue Platten

Chris Reed's Woof – Birthday Skin Mark Burgess & The Sons Of God – Spring Blooms Tra-la (beide Strange Ways/INDIGO)

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Mit persönlichen Erfahrungen kann auf zwei Arten verfahren werden: Man behält sie für sich oder nicht. Letztere Variante ist riskanter, besteht doch immer die Gefahr, mißverstanden zu werden oder sich lächerlich zu machen. Für Chris Reed scheint dies kein Problem zu sein. So kommt der ehemalige Sänger von Red Lorry Yellow Lorry auf seinem ersten Solo-Album Birthday Skin vollkommen vorbehaltlos daher und legt offen, was er in den drei Jahren nach Auflösung seiner alten Band gemacht hat – vor allem Erfahrungen.

Aus dem einstigen Angry-young-man, der seit 1991 in der Nähe von Hamburg wohnt, wurde ein Vater, für den die Familie unzweifelhaft zum Lebensmittelpunkt geworden ist. So gestimmt läßt sich Reed zusammen mit seinem zweieinhalbjährigen Sohn für das CD-Booklet ablichten, und man kann sicher sein, daß dies so gemeint ist, wie es verstanden wird: Hier hat jemand sein kleines Glück gefunden. Reeds neues Credo „Lernen und leben – zu leben lernen“ ist zwar insgesamt etwas simpel gestrickt, wie auch das Album, welches er fast im Alleingang einspielte. Aber sollte darüber der Stab gebrochen werden? Gemach, auch wenn man dem Geläuterten manchmal „Halt's Maul“ zurufen möchte. So sind sie halt, die sich selbst gefunden haben.

Mark Burgess ist hingegen noch auf der Suche und inzwischen fast wieder bei 1986 angekommen, als The Chameleons von der Bildfläche verschwanden. Als Zwischenbilanz veröffentlicht Burgess nun das Live-Album Spring Blooms Tra-la, welches die Selbstreflexivität einer Gartenlaube besitzt und beim „Klotzrock Festival“ in Neu-Wulmsdorf mitgeschnitten wurde. Auch bei den Songs ist er sich treu geblieben: Die neuen wie die alten atmen widerlichen Pathos. Ab in den Zillo Club! Clemens Gerlach