Perspektiven fürs 3. Jahrtausend

■ Evangelische Kirche sucht Profil / Diskussionspapier, wenig Konkretes

Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) hat Probleme. Die Mitgliederzahlen schrumpfen, das Geld wird knapp, und die kirchliche Arbeit kommt immer schlechter an – gerade bei jungen Menschen.

Um auf diese Entwicklung zu reagieren, hat sich eine kirchliche „Perspektivenkommission“ ein Jahr lang mit einer Bestandsaufnahme und möglichen Maßnahmen für die Zukunft beschäftigt. Im Gegensatz zu ähnlichen Einrichtungen anderer evangelischer Landeskirchen besteht die Bremer Kommision aus engagierten Kirchenmitgliedern - je neun Frauen und Männer - und nicht aus von der Kirchenleitung berufenen Fachleuten. So sollen die Probleme der Kirchenbasis zum Thema gemacht werden. Anläßlich des Kirchentages, des „Parlaments“ der Kirche, am 23. November legte die Kommission nun ihren Abschlußbericht vor. Auf dem Kirchentag soll der Bericht von den Delegierten beraten werden. Er versteht sich als Diskussionsgrundlage und enthält wenig konkrete Maßnahmen.

Die Kommission empfiehlt der Kirche, sich als eine „offene Gemeinschaft der Verschiedenartigen im Hause Gottes“ zu profilieren. Dazu gehöre u.a. ein gezieltes Ansprechen der Mitglieder, die nicht in die Kirche gehen. Gedacht ist dabei zum Beispiel an einen „Kirchenladen“ in der Innenstadt, in dem alle wichtigen Informationen über die kirchliche Arbeit für alle leicht zugänglich sind. Auch die TouristInnen sollen vermehrt mit einer „heiligen Meile“ angesprochen werden. Allein im Bremer Dom gebe es jährlich 500. 000 BesucherInnen, die mit der kirchlichen Botschaft angesprochen werden könnten.

Sehr wichtig sei auch eine neue Einstellung zu gewandelten Lebensformen wie etwa Alleinerziehenden oder homosexuellen Gemeinschaften, erklärten die Mitgleider Kommission vor der Presse.

Die Position der Einzelnen in der Kirche soll z.B. durch „Mitgliederforen“ zu aktuellen Themen gestärkt werden. Ebenso sollen die einzelnen Stadtteile mit ihren Problemen von den Gemeinden vor Ort vermehrt berücksichtigt werden. Ein großes Gewicht liegt auch auf der sozialen Arbeit: Der Bericht fordert „einen bewußteren Umgang mit Armut und sozialem Elend“.

Ob und wie sich diese Ziele allerdings in konkreten Maßnahmen niederschlagen, ist angesichts des zu erwartenden Sparhaushaltes der BEK ungewiß. Ingeborg Danielzick, Sozialpädagogin und Kommissionsmitglied, befürchtet, daß der Sparzwang sich besonders für Frauen in der Kirche negativ auswirkt. Die eingeforderte stärkere Beteiligung von Frauen in der Kirche könnte so an der harten politischen Realität scheitern. Ohnehin sind bisher in den Leitungspositionen der Kirche Frauen nur zu 19 Prozent vertreten, auch der zwölfköpfige Kirchenausschuß hat trotz steigender Tendenz nur drei weibliche Mitglieder. Eine Quote ist nicht in Sicht: „So weit wird noch nicht gedacht“, meinte Danielzick.

Auch nach außen präsentiert sich die BEK nach dem Kommissionsbericht noch nicht als eine gleichberechtigte Gemeinschaft. Von Angeboten wie „Familiengottesdienst“ oder „Familienfreizeit“ fühlen sich viele Alleinerziehende oder Alleinlebende nicht angesprochen.

Damit die Arbeit der 7000 ehrenamtlichen MitarbeiterInnen im „neuen Jahrtausend“ überzeugen kann, fordert die Perspektivenkommission die BEK zu einer umfassenden Diskussion auf.

Nils Kaczenski, Henrik Otto