Müllstreit endete mit Totschlag

■ Täter erstach Gegner im Handgemenge mit einem Bajonett: Notwehr?

Am Gründonnerstag diesen Jahres war es mal wieder soweit: Hermann K. warf - wie schon so oft - seinen Müll in die Tonne der Gastwirtin Gülhan T.. Sie stellte ihn zur Rede, daraufhin entbrannte ein Streit zwischen mehreren Beteiligten, bei dessen Verlauf Hermann K. dem Kneipengast Willi B. ein Bajonett in den Bauch rammte. Willi B. starb wenige Minuten später.

Vor dem Schwurgericht mußte sich gestern Hermann K. wegen Totschlags verantworten. Er wiederum erklärt, er habe sich von der Gegenpartei in Form der Gastwirtin Gülhan T. und der ehemaligen Hausbesitzerin Herti B. bedroht gefühlt, und in Notwehr gehandelt. Die Atmosphäre im Gerichtssaal ist geladen. Zum einen, weil die Mutter des Toten bitter in den Saal raunt: „Und dann hat er meinen Sohn erstochen“, zum anderen, weil das Gericht nervös erscheint. Richterin Hilka Robrecht und ihre Beisitzer müssen sich ein Urteil bilden, ob Willi B. den Angeklagten im Schwitzkasten hatte - wie der Angeklagte behauptete. Dies würde auf Notwehr hindeuten. Daran kann sich jedoch nur eine Zeugin erinnern. An die Lichtverhältnisse erinnert sich ohnehin keiner, und auch nicht, ob man vorher an Hermann K.'s Tür getrommelt habe, wie Hermann K. behauptet.

Die direkte Nachbarin und Gastwirtin Gülhan T. hatte keine gute Beziehung zu Hermann K.: „Er war immer so aggressiv.“ Sie stritten sich häufiger über den Müll: „Wir hatten neue Mülltonnen gekriegt. Gäste hatten mir erzählt, daß man nun mehr bezahlt, wenn man die Tonnen immer rausstellt“, erzählte die inzwischen ehemalige Gaststättenpächterin Gülhan T. vor dem Schwurgericht. Und auch die ehemalige Hausbesitzerin Herti B. erklärte, daß Hermann K. seine neue große Tonne gar nicht mehr rausgestellt habe, sondern seinen Müll einfach in die Gaststätten-Tonne gesteckt habe. Hermann K., von Beruf Taxifahrer, versucht die Müllgeschichte zu relativieren: Er habe die große Tonne auf Rollen nur so schwer durch die Tür gekriegt, deshalb nicht gerne rausgestellt. Außerdem sei seine Müllmenge entsprechend seinem Ein-Personen-Haushalt äußerst gering gewesen. Er habe die Wertstoffe im Supermarkt schon nach dem Einkaufen getrennt, und den Müll erst kurz vor der mittäglichen Leerung in die Tonnen geworfen.

„Ich habe zu Frau T. gesagt, laß dir das nicht gefallen, denn du mußt dann den teuren Sack bezahlen, wenn deine Tonne voll ist“, sagte die Zeugin Herti B. aus. Sie hatte aus dem Mietshaus in der Holsteiner Straße im Osterfeuerberg-Quartier in Walle just an diesem Frühlingstag beobachtet, wie Hermann K. den Müll in die falsche Tonne steckte, und dies der Gastwirtin mitgeteilt. Daraufhin ging Gülhan T. aus ihrer Kneipe in den kurzen Hausflur, in dem auch die kleine Wohnung von Hermann K. lag, und sprach ihn an.

Bei einem zweiten Steitgespräch ging auch die ehemalige Hausbesitzerin Herti B. an die Tür. Im Verlauf dieses Wortgefechts schubste sie Hermann K., aber als er ein „komisches Gesicht“ machte, bekam sie Angst und rief sie nach dem Stammgast Willi B..

Willi B. - der den Angeklagten nicht kannte - kam, und ein „harmloses Handgemenge“ brach aus, schilderte Herti B.. Hermann K. ging in seine Wohnung zurück. Laut seiner eigenen Aussage will er gehört haben, daß man an seine Tür trommelte, und habe Angst bekommen. Die Zeugen wissen nur noch, daß Hermann K. aus seiner Wohnung rausgeschossen kam, mit einem langen Messer in der Hand. Dann hätten die beiden Männer gekämpft, doch innerhalb Sekunden war Willi B. zusammengebrochen. Als Gülhan T. sich zu dem zusammengesackten Willi B. setzte, sah sie, daß sein Bauch aufgeschlitzt war, und das Gedärm heraustrat.

vivA