Seit Mitternacht gilt allgemeines Demo-Verbot

■ Geht der Castor-Transport heute ab?

Berlin (taz/dpa) – Der Castor-Transport soll offenbar heute auf die Bahnreise ins Zwischenlager Gorleben geschickt werden. Die atompolitische Sprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag, Rebecca Harms, nannte gestern diesen Termin. Auf offizieller Seite schwieg man sich dagegen aus. Eintausend Mann stehen am Tor des Zwischenlagers, wenn der Castor kommt. So steht es in Einsatzplänen der Polizei, die der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg zugespielt worden sind. Anhalten darf der Atomtransport nicht mehr, wenn er auf der Straße rollt. Umweltministerin Angela Merkel, die Physikerin, dürfte verstehen, warum ihr Amtsvorgänger Töpfer auch das in die Dienstanweisung der Polizei schreiben ließ. Der Grund ist physikalisch: Die Radioaktivität des Castor-Behälters gefährdet Menschen, die ihm zu lange zu nahe kommen, unabhängig davon, ob sie den Transport behindern oder beschützen wollen.

Im Sommer hatten sich zwei niedersächsische Ministerien über dieses Problem Gedanken gemacht. Eine Empfehlung an den Begleitschutz, keine jungen Männer und Frauen mit dem Castor auf die Reise zu schicken, wurde dann doch nicht verabschiedet. In Voraussicht auf einen seltsamen Rechtskonflikt soll nun die Strahlenschutzverordnung auch auf Demonstrierende angewandt werden. Zwar gilt heute seit Mitternacht auf Bahnschienen und Zugangsstraßen nach Gorleben ein allgemeines Demonstrationsverbot. Wer den Castor mit seinem Körper blockiert, macht sich strafbar, könnte aber zugleich die Bundesregierung verklagen, weil sie eine Überschreitung der zulässigen Strahlendosis zugelassen hat.

Politiker der SPD und der Bündnisgrünen haben die neue Umweltministerin aufgefordert, diesen Transport abzusagen. Angela Merkel ließ durch ihren Sprecher ausrichten, „die politische Seite“ möge „Vernunft bewahren“. Niklaus Hablützel