Nato bombardiert Serben-Flugplatz

■ 30 Flugzeuge beteiligt / Erstmals Einsatz in der Krajina / Zahl der Opfer noch unbekannt

Zagreb (AP/dpa/taz) – Die Nato hat zum ersten Mal massiv in den Krieg auf dem Balkan eingegriffen: Etwa 30 Kampfflugzeuge bombardierten gestern den serbischen Militärflugplatz Udbina in der kroatischen Krajina. Nach Angaben der UN-Schutztruppen in Zagreb wurde der Flughafen durch den Nato-Angriff „funktionsuntüchtig“. Wie viele Opfer der Angriff gefordert hat, war zunächst nicht bekannt.

Ein Sprecher des Nato-Hauptquartiers Europa in Brüssel sagte, der Angriff habe den Rollbahnen des 60 Kilometer südlich der UN-Schutzzone Bihać gelegenen Flughafens gegolten. Außerdem seien „präventiv“ in der Nähe von Udbina stationierte Luftabwehrraketen und Boden- Luft-Raketen bombardiert worden. Die UNO teilte mit, Pisten und schwere Waffen seien beschädigt worden, nicht aber Flugzeuge der Serben.

Nach Angaben der Nato ist der Luftangriff „auf Ersuchen und in enger Abstimmung“ mit den Friedenstruppen der UNO in Bosnien erfolgt. Grundlage des Militäreinsatzes ist der Beschluß der Vereinten Nationen, daß bei Verletzungen der UN- Schutzzonen Luftangriffe geflogen werden können. Dieses Mandat war erst am Samstag von Bosnien auf den serbisch besetzten Teil Kroatiens erweitert worden. Am Freitag und Samstag hatten serbische Flugzeuge von Udbina aus Ziele in der Region Bihać bombardiert.

Bisher hat die Nato fünfmal in den Bosnien-Krieg eingegriffen. Ende Februar schossen US-amerikanische F-16-Bomber vier serbische Kampfflugzeuge vom Typ Galeb ab, die das Flugverbot über Bosnien mißachteten. Im April bombardierten Nato-Kampfflugzeuge zweimal serbische Stellungen bei der ostbosnischen Stadt Goražde, im August Stellungen bei Sarajevo. Am 22. September hatte die Nato mit ihren Flugzeugen schließlich einen serbischen Panzer in der 20-Kilometer- Sperrzone um Sarajevo zerstört. Mit dem Einsatz gegen den Militärflughafen Udbina wurde zum ersten Mal ein Ziel außerhalb Bosniens angegriffen.

Bosniens Regierungschef Haris Silajdžić begrüßte den Luftangriff und forderte weitere Einsätze für den Fall, daß die Serben ihre Attacken auf Wohngebiete fortsetzen würden. Die Militärschläge würden die Serben wieder an den Verhandlungstisch zwingen, erklärte Silajdžić in einer Telefonschaltkonferenz mit mehreren europäischen Zeitungen und Rundfunkstationen. Die militärische Wirkung der Luftangriffe könne er nicht einschätzen. Die Nato-Einsätze signalisierten aber, daß die internationale Staatengemeinschaft den Serben nicht weiter grünes Licht gebe. Nicht wenige Beobachter des bosnischen Krieges vertreten dagegen die Ansicht, daß die Serben an einer Eskalation und Internationalisierung des Krieges interessiert seien. Die von der Krajina aus geflogenen – und militärisch weitgehend unbedeutenden – Angriffe hätten die Nato zu einem Eingreifen außerhalb der bosnischen Grenzen provozieren sollen.

Ein Kommandeur der bosnischen Serben bestätigte die Einschätzung, daß sich die Serben in Bosnien und Kroatien entschlossen hätten, eine Ausweitung des Krieges zu erzwingen. „Es wird für sie [die Welt; d.Red.] schwieriger sein, gegen uns zu kämpfen, wenn wir zusammenstehen.“

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